Walter Scheide


Walter Scheide, (* 03.09.1889; + 25.11.1967), war Doktor der Medizin.


Verbundenheit und Einsatz

Deutsches Rotes Kreuz Ortsverein Barkhausen
1919 - Kolonnenarzt1)
1946 - Zugarzt2)
1950 - 2. Vorsitzender3)
1959 - 1. Vorsitzender4)


Auszeichnungen

01.10.1955 DRK-Ehrenzeichen5)
12.10.1961 Ehrenbereitschaftsarzt vom DRK-Landesverband Westfalen-Lippe6)


Die Jagd im Süntel

„Wo Berge weit sich dehnen zur blauen Ferne hin, Zieht mich ein heimlich Sehnen und weilet stets mein Sinn. Was glänzt dort auf so helle, als wär’s ein großes Meer, wes Stromes blitzend Welle grüßt mich vom Tale her?“.

Wer die Schönheit der Süntel-Landschaft voll erfassen will, muß bei gut er Sicht auf den Süntelturm steigen. Ein grandioser Rundblick bietet sich dem Beschauer dar. Wälder und Berge rundum so weit das Auge blicken kann. Dort unten das Zickzackband der Weser, die in großem Bogen der Porta West falica zustrebt! Dort die Silhouette der Schaumburg! Mächtig reckt sich das Hohenstein-Felsmassiv empor. Das gute Glas holt uns das Steinhuder Meer, belebt von weißen Segeln, und, wenn man Glück hat, den Brocken heran. Ith, Solling, dei' Bückeberg und die Lipper-Berge vervollständigen das Bild, in das das Revier der Süntel-Waldgenossenschaft eingebettet ist.

Am Querbalken der Naten-Hütte stehen folgende Worte: Ambulando consanamur, intra-silvas maturamur Beim Wandern durch die Wälder gesunden und reifen wir heran Dieser lateinische Weisheitsspruch hat sich für mich in schönster Weise er füllt. 35 Jahre, die Hälfte meines Lebens, habe ich die Süntelwälder von der Pappmühle bis zum Süntelturm pirschend durchwandert, bei Tag und Nacht, beim ersten Frühlingsahnen und im Winter, wenn alles Leben in Eis und Schnee erstarrt schien. Mit Macht zog es mich immer wieder ins Revier. Die Kilometer, die ich dabei zurücklegte, würden genügen, um die Erde dreiein halb Mal zu umrunden. Schon von frühester Kindheit an begleitete ich meinen Vater in die wildreichen Gefilde Posen-Schlesiens. Nach dem Verlust der Hei mat war für mich die Erlaubnis, im Süntel jagen zu dürfen, ein großes Ge schenk. Als Jagdpächter habe ich mich bemüht, das mir zu treuen Händen an vertraute Wild nach den Gesetzen des edlen deutschen Waidwerks zu hegen und zu bejagen, so weit dies nach den landwirtschaftlichen Belangen notwen dig war. Aber nicht nur das Waidwerk war es, was mich in fast zauberhafter Weise an den Süntel fesselte. Seine unberührte Schönheit, die Einsamkeit, sowie seine Bewohner in ihrer schlichten, gediegenen Art gaben mir ein echtes Hei matgefühl, zumal mich mit vielen von ihnen bald eine treue Freundschaft ver band. Es ist mir ein Flerzensbedürfnis, an dieser Stelle dafür und für das Vci trauen, das mir entgegengebracht wurde, zu danken.

Unvergeßlich die Stunden auf dem Hochsitz beim Ansitz auf zu Schad, n gehendes Schwarzwild, wenn über dem Süntelturm der volle Mond empoi stieg und seine Bahn zog, bis die aufkommende Sonne sein Licht erblassen ließ. Unvergeßlich die sammetdunklen Nächte, wenn sich mein Blick auf einsamer Bergeshöhe in den Sternenteppich über mir verlor. Die uralten Fragen stiegen in mir auf, die dem Menschen gestellt sind, seitdem er sich über das Tier hinaus zu einem geistigen, nach Wahrheit ringenden Wesen entwickelte: Woher? — Wohin? — Zu welchem Sinn? Wie sagte doch der Weise von Königsberg, Emanuel Kant? „Der Blick in die Ewigkeit des Sternenhimmels und das moralische Gesetz in der menschlichen Brust sind die beiden größten Wunder dieser Welt.“ Willige, demütige Bescheidung in die Grenzen, die dem Menschen für immer gesteckt sind, und die Erkenntnis, daß der Einzelne im strebenden Bemühen seine kurze Lebenszeit verantwortungsbewußt, gleichsam wie einen Auftrag aus der Ewigkeit, erfüllen muß, weisen uns Richtung und Weg zu echter beglückender Daseinserfüllung.

So schenkte mir das Waidwerk im geliebten Süntelrevier infolge der körperlichen Strapazen, die mir dabei abverlangt wurden, nicht nur Gesundheit, sondern gab mir auch immer wieder die Kräfte, meinen ärztlichen Beruf vier Jahrzehnte lang fröhlich und unverzagt auszuüben und neben der Behandlung des Körpers auch die immer vorhandenen seelischen Bedrängnisse meiner Patienten zu erfassen und im Auge zu behalten.

Der große griechische Philosoph Plato sagte vor fast zweieinhalb Jahrtausenden: „Eine Hütte im tiefen Walde und eine Quelle dicht dabei ist das größte Glück auf Erden.“ Mir wurde es zuteil. In der letzten Strophe meines Süntel-Liedes faßte ich meinen Dank in folgende Worte: „Ich lieb’ die grünen Wälder, das Tal, des Berges Kamm, die Wiesen und die Felder, bekränzt vom dunklen Tann. Ihr mögt den Vorzug geben den Alpen und dem Rhein, ich möcht im Süntel leben und auch begraben sein.“

Im Mai 1961
Walter Scheide


Das Lied der Jagdlieder

von Dr. Walter Scheide

Was wär das ganze Leben,
gäb 's Waidwerk nicht und Jagd?
Soviel wie saftge Reben,
wobei ein Durst nicht plagt.
Ums Jagen im Reviere
mein ganzes Hab und Gut
ich gern darum verliere
zu tief liegt mir 's im Blut.

Ob Sonnenschein, ob Regen
sei 's Herbst, sei 's Frühlingszeit,
auf heimlich stillen Wegen
umfängt mich Einsamkeit.
Des Lebens Last und Sorgen
vergess ich allzumal,
erglänzt der junge Morgen
hell über Berg und Tal.

Ob Sau und edlen Hirschen,
Reh-, Raub- und Niederwild
zu jagen und zu pirschen
als Schönstes stets mir gilt.
Und muß die Büchse sprechen,
dann laß, O Sankt Hubert
mein Ziel zusammenbrechen,
dass es den Knall nicht hört.

So möchte auch ich einst Sterben,
im grünen, grünen Wald,
möchte nicht im Bett verderben
als Kümmrer krank und alt.
Der Leib der muß vergehen
sich trennen von dem Sein,
im Wald mag er verwehen,
braucht keinen Leichenstein.


Medien

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