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Wedigenstein


Von Hermann Schmidt

Nach „Die Rittersitze der Grafschaft Ravensberg und des Fürstentums Minden“ von Freiherrn von der Horst, Berlin 1894.

Das Schloss Wedigenstein lag Links der Weser an der südlichen Abdachung des Wittekindsberges. Das „castrum wedigonis“, später Wedigenstein genannt, wird 1306 als ein Besitz der Edlen vom Berge aufgeführt. Mit dem Erlöschen dieser Dynastenfamilie kam es 1398 mit den übrigen Besitzungen derselben an das Hochstift Minden.

Der Stammsitz der Herren vom Berge war die Schalksburg, in Hausberge („Schalcaburg” 1018), in Urkunden als „mons wedigonis“ mit einem „castellanum widigendburch“ genannt. Die diplomatisch gesicherte Stammreihe beginnt mit Widekind I., der 1096 lebte und Vogt der mindenschen Kirche war. Sie schrieben sich de „monte seu de Schaliesberg, Schalkenberge“. Hier von den Burgen der Porta aus schirmten sie als die „Edlen vom Berge” das ihnen anvertraute Stift. Der letzte des Wittekindschen Geschlechtes der Bischof Otto III. von Minden (1384-97) starb am 1.1.1398 und vermachte die von seinem Bruder Wittekind VII. ererbte Herrschaft durch eine unwiderrufliche Schenkung der Kirche in Minden.

Später von dem Bischof Otto IV. (1403-06) an den edlen Bernhard von der Lippe verpfändet, erlangte dessen Nachfolger Bischof Wilbrand (1406-36) es durch Überfall im Jahre 1408 glücklich wieder, vorher hatte Alhard von dem Busche-Gesmold (1375-1468) den Wedigenstein 1401 in Pfand gehabt.

In der Folgezeit war das Haus Wedigenstein bis 1810 ein Besitztum des mindenschen Domkapitels. Links neben dem jetzigen Haus Wedigenstein, welches im Anfang dieses Jahrhunderts (also nach 1800) 50 Schritt unterhalb des alten Burgplatzes fast unmittelbar an die Chaussee herangebaut ist, liegt langgestreckt und weithin sichtbar ein niedriges, schon lange als Schafstall benutztes Gebäude, dessen Umfassungsmauern unleugbar noch aus alter Zeit stammen. Die übrigen, früher hin nebst einem alten Turm auf demselben Platze gestandenen Gebäude hat das Domkapitel zu Minden in den Jahren 1780-1790 Baufälligkeitshalber gänzlich abgetragen.

Nach Aufhebung des mindenschen Domkapitels 1810 ward das Haus Wedigenstein Eigentum des preußischen Fiskus. Es ist 1817 dem Amtsrat Schumacher als Dominitialgut in Erbpacht gegeben. Dieser baute das jetzt bestehende Haus Wedigenstein. (Auf dem Plan von Barkhausen 1828 schon eingezeichnet). Die von ihm auf dem alten Burgplatze veranstalteten Nachgrabungen haben hier sowohl die Entdeckung mächtiger Grundmauern in weitem Viereck herbeigeführt als auch Gerätschaften, Waffen und andere Sachen zu Tage befördert. Der Burgplatz ward dann in einen anmutigen Garten umgewandelt. — Vom Amtsrat Schumacher wurde Wedigenstein an seine Nichte, eine geb. Bödecker aus Hausberge vererbt, welche letztere einen Ökonom Ströver heiratete. Dieser verkaufte das Gut um 1887 an den Fabrikanten Heinrich Osthaus aus Hagen in Westfalen. Derselbe hat jetzt dort seinen Wohnsitz.

Normalerweise wurde das Schloss Wedigenstein vom Bischof als Burglehen ausgegeben. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts war Statius von Barkhausen damit belehnt1), in den Jahren 1536 und 1559 war Dietrich von Barkhausen Lehnsträger 2). Um 1583 finden wir das Schloss im Besitz des Mindener Dompropstes Burchard von Langen 3) so dass als Zeit des Besitzwechsels der Zeitraum von 1559 - 1583 anzunehmen ist4).

Vorerst hatte die Korporation allerdings wenig Nutzen von dieser an sich so bedeutsamen Erwerbung, denn sie musste recht bald zur erneuten Verpfändung dieser Besitzung schreiten5). Von einer ruhigen Entwicklung, die die Voraussetzung für eine ertragreiche wirtschaftliche Nutzung des Gutes Wedigenstein bildete, Kann erst nach Beendigung des Dreißigjährigen Krieges gesprochen werden. Dann jedoch war das Besitztum mit über 500 Morgen6), die sich zwischen der Weser und dem Südabhang des Wiehengebirges hinzogen, eine der wichtigsten Zentralen des Mindener Domkapitels.

Das Güter- und Einkünfte Verzeichnis von 1721 zählt zu dem hier als Vorwerk bezeichneten Hause Wedigenstein einen Grundbesitz von rund 865 Morgen; dagegen führt ein Vermessungsregister aus dem Jahre 1792 nur 516 Morgen an7). Diese unterschiedlichen Angaben sind das Ergebnis verschiedener Zweckbestimmungen. Die zuletzt genannte Zahl diente zur exakten Größenangabe der landwirtschaftlich genutzten Ländereien, während die von den Kommissaren ermittelte Größe allein Holzungen von über 400 Morgen mit dem Ziel dazurechnete, diese domkapitularische Besitzung möglichst hoch veranschlagen zu können. Zu den Rechten dieses Gutes gehörten die adlige Freiheit, die Ober- und Niederjagd, das Halten einer Taubenflucht, der Betrieb einer Schiffsmühle auf der Weser, der freie Brand aus der Dehmer Mark, die freie Hude mit Schweinen und Rindvieh in derselben Mark und die Haltung von 400 Schafen auf der Gemeinheit. Das Gut Wedigenstein, seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts im Besitz des Kapitels, war während der brandenburgisch-preußischen Zeit eine der Haupteinnahmequellen der Korporation, zugleich auch Zentrale für einen großen Teil der von den Eigenbehörigen zu leistenden Zinskorn-, Vieh- und Dienstabgaben. Zwar wurde es wie zahlreiche andere Besitzungen des Kapitels in Zeitpacht ausgegeben und demzufolge nicht direkt mit seinen vollen Erträgen von der Korporation genutzt, doch tat man von der Seite der Domkapitulare alles, um die Leistungsfähigkeit dieser so zentralen Besitzung zu erhalten.

1)
St.A. Münster Msc. VII 2422, fol. 60. Es handelt sich um das “ borchlen tom wedegenstein mit twintich stucke landes und mit einem garden und kampe, alse darto horet.“
2)
St.A. Münster Msc. VII 2409, p. 12 ff.
3)
St.A. Münster, Fürstentum Minden Urk. Nr. 732 a (1583)
4)
Das geht auch aus Marginalnotizen hervor, die sich in der Handschrift St.A. Münster Msc. VII 2409, p. 12 ff befinden. Vom Wedigenstein und den zahlreichen anderen Lehngütern des Dietrich von Barkhausen heißt es zur Belehnung im Jahre 1536: „anitzo Wentrop, Bessel, Domcapittul, Grapendorp“ und zur Belehnung im Jahre 1559: „Soll unter das THumbcapitul und die Wentrups vertheilet sein.“ Danach wurden die Lehns Pertinenzien des Barkhausenschen Lehens an verschiedene Empfänger übergeben. Im Zusammenhang damit ist die Wahlkapitulation des Bischof Anton (1587-1599) zu sehen Culemann: Mindische Geschichte S. 140 ff. Der Bischof musste einmal versprechen, die jeweiligen Inhaber des Hauses Wedigenstein bei der Jurisdiktion über Leute und Güter schützen, dazu den Erwerb von Lehngütern, die der Syndikus des Kapitels, Johann Wentrup, von Benedikt von Barkhausen an sich gebracht hatte, konsentieren zu wollen. Im Jahre 1586 lieh das Kapitel von den Domvikaren 200 rheinische Goldgulden, die es im Zusammenhang mit den ihm durch Benedikt von Barkhausen cedierten Lehngütern verwenden wollte. ((St.A. Münster, Fürstentum Minden Urk. Nr. 515.)
5)
St.A. Hannover, Celle Br. 27 Nr. 471
6) , 7)
St.A. Münster, Domkap. Minden 799 e.