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Die Siedlungsverhältnisse in Barkhausen - Aulhausen - Düngen

von Dr. Kurt Horstmann1)

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Barkhausen bildet mit Aulhausen eine politische Gemeinde. Das stellt auch das Revisionskollegium für Landeskultursachen am 7. Dezember 1860 fest:3)
„Die Ortschaften Barkhausen und Aulhausen machen ein und dieselbe politische Gemeinde aus, indem alle Grundstücke der dortigen Einwohner sich in vermengter Lage befinden, auch die Katasternummern durchgezählt werden„.

Letzteres ist oft wiederkehrende Erscheinung. Die Stellen eines Dorfes in einer Bauernschaft werden nicht für sich gezählt. Die Nummern sind für die ganze Bauernschaft gemeinsam und durchgehend. Es sind die Nummern der alten Prästandenregister und Urbare aus dem 17. Jahrhundert beibehalten. In ihnen wurden die Bauern nicht in topographische: Reihenfolge nach dem Platz der Hofstellen nummeriert, sondern nach Stand und Herren. Erst kamen die freien Meier, dann die Domkapitel-Eigenen, dann die Halbmeier nach ihrer Eigenbehörigkeit, dann die Kötter usw. Diese Unterscheidungen sind heute nicht mehr gebräuchlich, und darum erscheint uns die Nummerngebung wirr und systemlos.

Die vermengte Lage der Grundstücke bereitet größte Schwierigkeiten. Bei genauerem Studium finden wir, dass diese Feststellung für die Feldmark des Dorfes Barkhausen nicht zutrifft. Die Aulhauser haben an ihr keinen Anteil. Die Besitzverhältnisse für die Aulhauser Fluren jedoch sind ganz undurchsichtig. Neben den Aulhausern haben viele Barkhauser ihre Anteile daran, und von ihnen nicht etwa ein kleiner und bestimmter Kreis. Es ist fast unmöglich, zu irgendeiner Ansicht über die ursprünglichen Verhältnisse des Aulhauser Feldlandes zu gelangen. Wir können annehmen, dass sich der Acker westlich des Dorfes mit dem Steinacker, beginnend nördlich über Kuhlbrede und Lacke bis Lohöpe erstreckte. Letztere lässt nach ihrem Namen daran zweifeln, ob sie noch dem ursprünglichen Feldland zuzurechnen ist. Die Nordgrenze bildet der Kohlgraben. Nördlich des Kohlgrabens erhebt sich zwischen ihm und dem Abfall der Weserterasse eine Bodenwelle. Aus ihr liegt in Streifen verschiedener, aber meist geringer Breite das Johannfeld oder Dünger Feld. Es zeigt ganz besonders verworrene Besitzverhältnisse. Es sind an ihm nicht nur Aulhauser und Barkhauser. sondern auch Mindener und die von Erbe beteiligt. Es fällt vor allem auf, das sehr viele Besitzstreifen in den Händen von Brinksitzern sind. Im Zusammenhänge mit dem Dünger Feld stehen nordöstlich davon die Dünger Wiesen an der Gemarkungsgrenze nach Minden Die Gesamterscheinung des Gebietes lägt uns vermuten, dass wir hier die Überreste der Flur einer wüsten Siedlung haben und deren Namen sich in Dünger Feld, Dünger Wiesen und Dünger Landwehr erhalten hat Der Platz des wüsten Dorfes lässt sich genau festlegen. Er scheint im Nordosten zwischen Dünger Feld und Dünger Wiesen außerhalb der Mindener Landwehr zu suchen zu sein.

Düngen war bisher nicht quellenmäßig zu belegen. Das im Westfälische Urkundenbuch Bd. 6 genannte Dungherden ist wohl richtig in der Hildesheimer Gegend gesucht und gefunden, wie es ja dem Sinn der betreffenden Urkunde entspricht. Mit diesem Düngen wird jede Erwähnung eines Ortes ähnlichen Namens in Verbindung gebracht. Auf Grund oben dargestellter Flurverfassung und der Namen kann man aber zweifeln, ob das Düngen bei Hildesheim immer der richtige Ort ist. Aus welchem der beiden das Adelsgeschlecht von Dungherden stammt, ist nicht zu entscheiden. Auch das Düngen, das zu den Villikationen des Domes gehört, ist zweifelhaft und scheint sogar eher das Düngen bei Hildesheim als das bei Minden gewesen zu sein. Die Wichgrafeneria zu Düngen ist aber kaum in dem Dorf bei Hildesheim zu suchen, sondern bei Minden. Sie wird genannt in dem Zusammenhang Aulhausen, Dungherden, Schnathorst, Uphausen, Biemke, Haddenhausen, Hartum, Meslage, Walven und Merteslo. Irgendeinen Beweis können wir aus diesen historischen Erwähnungen heraus nicht bringen.

Südlich an Aulhausen und sein Feldland schließen sich die unterste und die mittelste Brede usw. Es sind Äcker, deren Flurgestalt durch kurze und breite Schläge von vornherein einen ziemlich jungen Eindruck machen. Die hier zerstreut liegenden Häuser sind Neubauerstellen. Sie standen zur Gemeinde in einem besonderen Verhältnis, wie die Auseinandersetzungen bei Betreibung der Gemeinheitsteilung zeigen. Im Jahre 1846, beim Anfang des Teilungsplanes, machten die Neubauer und Heuerlinge einen Anspruch auf Nutzungs- und damit Teilnahmerechte geltend. die sie, in Ermangelung eines besonderen Beweises, mit Verjährung durch Ausübung der Hude seit undenklichen Zeiten zu begründen suchten. Eine Verständigung legt fest, dass Neubauer und Heuerlinge jedem Recht entsagen, wogegen die Teilung um 10 Jahre verschoben wird und während dieser Zeit den Neubauern und Heuerlingen Ausübung der Hude gegen ein Stückgeld zugebilligt wird. So werden neue Verhältnisse geschaffen, durch die den südlich der sogenannten Landert Wohnenden auch die Nutzung der gemeinen Weiden gestattet wird Die Landert - Landwehr) ist mit dem Wege der östlichen Fortsetzung der Kaiserstraße gleichzusetzen und trennte also eine minderberechtigte Clane ab, der vor 1846 die Gemeinheit nicht offen stand. Das stimmt damit überein, was ich oben über die Neuartigkeit der südlich Aulhausen liegenden Fluren sagte und zeigt, welche Bedeutung die Landwehrbefestigung der Stadt Minden auch für die örtlichen Verhältnisse der umliegenden Dörfer gewinnen konnte Die Gehöfte von Aulhausen sind ganz regellos am Rande der Weseraue geballt. Es gab hier keinen Kötter, nur Halbmeier. Alles an her halb des geschlossenen Kernes von 8 Höfen stellt den jüngsten Siedlungszuwachs dar, vor allem die Häuser längs der erst im vorigen Jahrhundert angelegten Provinzialstraße. Vorher führte der Weg hinter Bad Zollern an der Domkapitelmühle vorbei durch Aulhausen. Die Wohnstätten an der Portastraße sind bis auf eine alle später angelegt als 1828. Das Dorf Barkhausen bietet uns ein Bild von dem, was wir Haufendorf nennen können. Es fehlt jede irgendwie maßgebende Richtung in der Anordnung, sei es durch einen oder mehrere durchlaufende Hauptwege, sei es durch einen Wasserlauf oder die eingeengte Lage zwischen Niederung und Feldland. Auch einen die Torfanlage beherrschenden Platz kann man nicht herauserkennen. Der Kirchplatz liegt fast rundlich. Der etwas erhöhten Lage der Kapelle ist noch nachgeholfen worden durch Auftragen von fast einem Meter Sand. Sie ist auch dadurch in früheren Zeiten stärker hervorgetreten, das die Wege, vor allem die in der Umgebung der Kapelle, erst in neuerer Zeit aufgehöht worden sind. Bis dahin dienten sie zum Abflusse des ans dem Berge kommenden Wassers und sollen in einem unbeschreiblichen Zustand gewesen sein. Es zeigt dies, wie weit man das Dorf an den Berg gerückt hat, um dann nördlich davon im niederen Feld noch Ackerland zu haben, bei dem man nicht fürchten musste, das der nächste Gewitterregen das ganze Getreide ausriss; oder die kostbare Bodenkrume wegspülte. Das südlich vom Westerfelde am Berge gelegene Ackerland kann nicht von großer Güte gewesen sein. Das ans dem Berge kommende Wasser verlor sich in ihm. Allein die grüneren Bäche zogen sich weiter herunter und verwässerten dabei einen unverhältnismäßig breiten Streifen. Vor der Bölhorst und vor dem Erbe war dann schließlich ein großes wasserreiches Wiesengelände. Diese Wiesenniederungen trennen das Gebiet der Bauernschaft Barkhausen von dem weiter westlich liegenden. Es weist somit treffliche natürliche Begrenzung aus: Im Süden das Wiehengebirge, im Osten die Weser, im Norden und Westen das versumpfte Wiesenland. An den Stellen, wo diese nicht ganz schließt, tritt der Alte Postweg ein und ans.

Nach dieser Abschweifung zurück zum Dorf Barkhausen und seinen Bewohnern! Nach einem Visitationsregister von 1682 gab es 28 Halbmeier, 8 Kötter und einen Halbkötter, eine ganze Reihe Brinksitzer (etwa 15) und einen Neubauer, die sich alle nach der Katasterausnahme genau festlegen lassen, wenn auch ein großer Teil 1682 einfach den Namen Meier hatte und die unterscheidenden Vorsilben erst später aufkamen. Nr. 22 war 1682 im Besitz von Tenius jetzo Johann Meier, 1828 heißt der Inhaber Heinrich Dansmeier. Nr. 11 1682 Heinrich Korte olim Thomas, 1828 Thomasmeier. Nr. 23 1682 Johann Franz Meier, 1828 Heinrich Franzmeier. Ein großer Teil der Meier Namen sind so mit Vornamen zusammengesetzt; eine Ausnahme bilden Böschemeier, Hoppmeier, Schmiesmeier, Errsmeier, Kollmeier, Grotemeier. Von den Köttern heißt bemerkenswerter Weise niemand Meier. Die Meier dienen 46 Wochen je einen Tag Vollspann, für die restlichen 12 Wochen geben sie einen Taler. Außerdem Helfen sie noch im Flachs 4 Tage mit der Hand und zur Ernte mit der Sense. Die Kötter Nr. 24 und 25 leisten wöchentlich 2 Tage Handdienst. Nr. 26 und der Halbkötter Nr. 27 nur einen Tag wöchentlich. Die Kötter haben zwar eben so viele Pferde wie die Meier und könnten insofern dieselben Dienste tun wie die Meier. In Hinsicht des Landbesitzes sind sie jedoch schlechter gestellt. Die Meier haben von 24 bis 38 Morgen, die Kötter 23, 20, 15 und 12 Morgen. Es ist aber zum größten Teil Zehntland. Die Lage der Kötterhöfe weckt dagegen auf spätere Entstehung hin, was eine Anteilnahme an Feldland nicht voraussetzen ließe. Nr. 26 liegt bei der Kapelle auf dem früher möglicherweise freien Feldplatz, Nr. 25 ganz im Süden hart am Berge. Nr. 24. und 27 scheinen doch ursprünglich einmal zusammengehört und nur einen größeren Hof gebildet zu haben. Würden sie in dem Revisionsregister mit Viertelmeier bezeichnet, würde ich bestimmt sagen, dass dies ein Meierhof gewesen sei und dass dann nach Teilung des Hofes die Besitzer wegen ihrer verminderten Leistungsfähigkeit geringere Dienste zu leisten hatten und darum nur als Kötter bezeichnet wurden Ein abschließendes Urteil über die Kötter lässt sich aus den Verhältnissen eines Dorfes heraus nicht geben.

1)
Die Ausführungen, ebenfalls ein Teil der schon in Nr. 5 der Mindener Heimatblätter des Jahres erwähnten Arbeit Dr. Horstmanns, gehören als 4. zu den Einzelbeispielen, die im 7. Band der Mindener Jahrbücher auf Seite 55-63 gegeben werden.
2)
Mindener Heimatblätter Nr. 6 – 1935
3)
Landeskulturamt Münster B. 599.