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Römische Goldmünze "Aureus des Augustus" 1950


Die Fundgeschichte einer Goldmünze des Kaisers Augustus
Die vor der Porta Westfalica in Barkhausen gefunden wurde
Von Otto-Kurt Laag, Minden

Ein sehr vertrauenswürdiger Mindener Uhrmacher erzählte mir im Frühjahr des Jahres 1950, er besitze zwei antike Goldmünzen, die eine sei eine römische, die andere eine griechische. Als ich ihn darauf fragte, ob er wisse, woher die Münzen stammten, sagte er mir, die römische Münze müsse nahe der Porta gefunden sein, ein Bauer, auf dessen Namen er sich nicht mehr besinnen könne, habe sie ihm gebracht.

Ist es schon etwas Außergewöhnliches, wenn man eine Goldmünze findet, so ist das noch mehr der Fall, wenn es darüber hinaus eine römische ist. Ich bat, mit einem Münzkenner wiederkommen zu dürfen, um ihm die Goldstücke vorzulegen. Das wurde freundlichst gestattet. Inzwischen fuhr ich von Dorf zu Dorf und befragte die Schulkinder in den Porta-Dörfern Meißen, Neesen und Barkhausen, ob sie etwas von einem Münzfund wüssten oder gehört hätten. Leider konnte mir niemand eine Auskunft geben und es schien aussichtslos, den Finder und den Fundort festzustellen, zumal ihn der jetzige Besitzer der Münze nicht kannte. Für die Forschung sind aber gerade das Wissen um den Fundort und die Fundumstände wichtig. Fast erschien es aussichtslos, die Fundumstände zu klären, als ich eines Tages, es war im August des Jahres 1950, in die Baugrube des heutigen Kaffee Stapf-Conradi am Scharn kletterte, um die dort anstehenden älteren Kulturschichten zu besehen. An der Südseite dieser Grube lag die Fassung eines alten Brunnens, auf dessen Grunde ich alte Münzen vermutete.

Ich bat darum die Arbeiter, den letzten Brunnenring stehen zu lassen, um die Sohle des Brunnens selbst auszuschachten und zu entleeren. Nun wurden die Arbeiter aufmerksam und fragten, was ich denn in dem Brunnen suchen wolle? Ich sagte ihnen, man könne vielleicht sehr kleine und dünne Silbermünzen darin finden, die jedoch in der schlammigen Masse schwer zu erkennen seien. Da meinten sie: „Wenn wir Gold finden, nehmen wir es mit.“ Auf meinen Einwand, das Gold sei nicht nur heute rar, sondern immer gewesen, rief einer von ihnen: „Ich habe aber in meinem Garten ein Goldstück gefunden.“ Nun wurde ich hellhörig, denn wie gesagt, ein Goldstück ist schon etwas! „Was für eine Goldmünze war es denn?“ fragte ich zurück. „Es war eine römische Münze.“ antwortete er, „Wo wohnen Sie denn?“, fragte ich weiter. „In Barkhausen, nicht weit von der Schule“, klang es mir entgegen. „Haben Sie denn die Goldmünze noch?“ „Nein“, kam die Antwort, „die habe ich an einen Mindener Goldschmied verkauft!“ Darauf ich: „Jetzt will ich Ihnen sagen, an wen“ und nannte ihm den Namen des oben erwähnten Mindener Uhrmachers. Der Mann war zunächst sprachlos vor Erstaunen und rief dann: „Ja, das stimmt, woher wissen Sie das? “ Nun hatte ich es heraus, wer der Finder der römischen Goldmünze war und wo sie gefunden wurde.

Der anerkannte beste westfälische Münzkenner, Herr Dr. Berghaus, vom Landesmuseum in Münster bestimmte wie folgt, beide Münzen: 1. Aureus des Augustus, geprägt zwischen 31 — 29 v Chr. in einer östlichen (kleinasiatischen) Münzstätte, beschrieben im Katalog des Britischen Museums unter Nr. 1594, 2. Solidus des Honorius, 395 — 423, n. Chr., aus der Münzstätte Mailand, beschrieben bei Ulrich Bansa, Moneta Mediolanensis unter Nr. 61. n. Also handelt es sich bei beiden um römische Münzen. Römische Münzen, die in unserm heimatlichen Boden und dazu gar noch unmittelbar vor der Porta Westfalica gefunden werden, verdienen selbst als Streu- oder Einzelfund größte Beachtung. Sie verdienen diese nicht bloß, weil sie uns etwa über die Wirtschaft, das Geld und den Handel des römischen Imperiums aussagen, sondern vielmehr, weil um Christi Geburt auf westfälischem Boden die römische Eroberungspolitik entsprechend begrenzt wurde. Darum sind Funde von Münzen aus der Zeit der römischen Republik des Augustus und des Tiberius besonders wichtig. Wahrscheinlich wurden solche Münzen von römischen Soldaten und Offizieren in Lägern, auf den Märschen oder auf der Flucht verloren oder gar vergraben. Von den beiden oben beschriebenen Münzen ist der Aureus (Goldmünze) des Augustus für diese Zeit bedeutungsvoll, weshalb zunächst festzustellen war, ob er tatsächlich in Barkhausen gefunden wurde. Leider fehlte es mir an Zeit, es sofort zu tun. Da erhielt ich plötzlich eine Karte unseres um die Bodenforschung und unsere Heimat hochverdienten 87jährigen Professors Friedrich Langewiesche aus Bünde. Er, der unermüdlich forschend den Spuren der Römer nachgeht und den Platz des Schlachtfeldes von Arbalo sucht, auf dem im Jahre 11 vor Chr. Drusus mit den vereinten Cheruskern, Sigambern und Chatten kämpfte, hatte von dem Münzfund gehört. (Siehe Langewiesche Aufsatz „Arbalo“).

Und nun wollte er kommen, um die Fundstelle zu besichtigen, um unter Umständen den Spuren eines Sommerlagers des Drusus nachzugehen. Das hat seinen guten Grund, denn zur Entdeckung des Römerlagers bei Haltern und des erst jüngst festgestellten Lagers bei Dorsten hatten Funde von römischen Münzen wichtige Hinweise gegeben. Mit der ihm eigenen Entschlusskraft und Beharrlichkeit, einmal gesetzten Zielen nachzugehen, stellte sich Herr Professor Lange wie sehe nach einigen Tagen ein, und es gelang uns, nach mehreren Stunden Suchens und Klärung von Irrtümern, den Finder der augusteischen Goldmünze ausfindig zu machen. Herr K., Barkhausen, Alter Postweg Nr. 60, zeigte uns in seinem hinter dem Hause gelegenen Garten die Fundstelle und erklärte nochmals, dass er die Münze an den genannten Uhrmacher in Minden verkauft hatte. Wir zeigten ihm Fotos, auf denen beide Goldmünzen vergrößert dargestellt waren. Er wurde unsicher, welche von beiden die von ihm gefundene war. Erst der Sohn bestätigte unabhängig vom Vater, dass auf der Münze „Cäsar “ gestanden habe und ein Kopf auf der Vorderseite, während auf der Rückseite ein Reiter abgebildet sei. Damit steht fest: In Barkhausen vor der Porta Westfalica ist ein Aureus des Augustus gefunden. Von der zweiten, bedeutend jüngeren Münze des Honorius 395 — 422 n. Chr., ließen sich leider trotz vielfacher Bemühungen weder der Finder noch der Fundort ermitteln. Sie scheidet darum für unsere Betrachtungen aus. Vermutungen über ein ehemaliges Römerlager vor der Porta

Durch die Verwendung von Luftbildern haben die Engländer bereits vor den letzten Weltkrieg ein großartiges Verfahren entwickelt, mittels dessen sie vor- und frühgeschichtliche Siedlungen, Gräber, Wege und Wälle ermittelten. Wie auf einer der letzten Tagungen der Altertumskommission für Westfalen Herr Professor Dr. Stieren (Münster) hinwies, hat Herr Professor Kahrstedt (Göttingen) englische Luftbildaufnahmen ausgewertet. Diese Aufnahmen wurden im letzten Kriege von englischen Aufklärern über Deutschland und damit auch über unserer Heimat gemacht. Herr Professor Kahrstedt hat die ihm in den Luftaufnahmen als auf vorgeschichtliche Spuren hinweisenden und verdächtigen Stellen ins Messtischblatt (Karte 1:25.000) eingezeichnet und den Vertrauensmännern für Bodenaltertümer zur weiteren Auswertung überlassen. Kahrstedt glaubt, die Andeutung vom Grundriss eines römischen Lagers bei Barkhausen vor der Porta [Messtischblatt 2016, (1)] ein wenig nordwestlich der im Ortskern gelegenen alten Kapelle gesehen zu haben. Das Gelände ist heute zum Teil überbaut.

Beim Begehen zeigten sich im Frühjahr dieses Jahres keinerlei Bodenverfärbungen, noch wurden Scherben gefunden. Jedoch muss man achtgeben, ob sich im Laufe der Zeit irgendwelche Hinweise bieten. Bis dahin bleibt es ungeklärt, ob die von Kahrstedt im Luftbild erkannten Spuren wirklich einer ehemaligen römischen Anlage zuzuschreiben sind. Nach einem deutschen Luftbild zeichneten sich Linien, die eine Vermutung auf das Vorkommen eines einstigen Römerlagers zugelassen hätten, nordwestlich der Stelle, wo auf dem Messtischblatt „Barkhausen“ steht, ab (s. Messtischblatt Nr. 2). Der Betreuer der Außenstelle des Landesmuseums für Vor- und Frühgeschichte, Herr W. R. Lange, Bielefeld, stellte jedoch anhand des Messtischblattes fest, dass an der fraglichen Stelle ein alter Hohlweg lag. Im Gelände sind hier noch heute heller gefärbte Streifen im Boden zu erkennen, die auf die Einebnung des Hohlweges zurückzuführen sind. Herr Mittelschullehrer Bergbrede in Barkhausen bestätigte, dass dort damals ein Hohlweg gelegen habe mit dem Flurnamen: „Schlivingstraße“. Noch im Kaisermanöver vor der Jahrhundertwende 1898 seien die Husaren im Galopp darüber hinweggesetzt. Vor einigen Jahrzehnten erst wäre der Hohlweg eingeebnet. Bei dieser Einebnung entstand die Spur, die das Luftbild wiedergab. Der Wert des Luftbildes für die Zwecke der archäologischen Bodenforschung ist also je nach den Umständen sehr unterschiedlich. Zu diesem Falle steht eindeutig fest, dass die Linien nicht auf ein Römerlager hinweisen. Letztlich kann nur der Spaten entscheiden, ob Wälle, Gräben und Sachfunde vorliegen. Ausgraben aber ist mühsam, zeitraubend und kostspielig. Müssen wir somit der Hoffnung, die Spuren eines ehemaligen Römerlagers vor der Porta Westfalica zu finden, aufgeben?

Es soll hier unerörtert bleiben, ob ein solches, wenn es vorhanden war, Drusus, Tiberius oder Varus zuzuschreiben ist und auch, ob es nur ein Sommerlager war. Und wenn jemals ein Lager hier bestanden hat, wo kann es dann gelegen haben? Zweifellos ist die Weserscharte als wirkliches Tor zwischen dem deutschen Mittelgebirge und dem norddeutschen Flachland anzusprechen. Ein so markanter Platz wird den Römern in ihren Kriegszügen gegen die Germanen nicht unwichtig gewesen sein. Auch dürfte die Wallanlage bei der Wittekindsburg, die der germanischen Zeit zugeschrieben wird, wie auch die Dehmer Burg, eine Rolle in diesen Feldzügen gespielt haben. Das Nammer Lager nennen Langewiesche und Schuchard in Verbindung mit den Kämpfen des Germanicus (16 n. Chr.). Eine Landschaft, die den natürlichen Schlüssel für den Fortgang der römischen Kriegszüge bot und in der starke germanische Stützpunkte lagen, darf es wohl vermuten lassen, dass in ihr einst auch ein römisches Lager angelegt wurde. Solange der Erdboden nicht eines Tages die Reste eines solchen Lagers offenbart, bleiben wir eben auf Vermutungen angewiesen Sollte aber die in Barkhausen gefundene augusteische Münze einst in einem römischen Lager vor der Porta in die Erde gelangt sein, so weist zwar das Gelände, in dem sie gefunden wurde, manche Voraussetzungen von den hohen Anforderungen auf, die die Römer an einen solchen Platz zu stellen pflegten (s. Messtischblatt Nr. 3). Zunächst war es hochwasserfrei und großräumig. Das Lager in Haltern, das für eine Legion bestimmt war, ist rund 25 ha groß. Ferner lag er in beherrschender Ufer Lage am Weserstrom vor der Porta Westfalica und war im Norden und Osten durch Wasserläufe geschützt. Er bot eine vorzügliche Möglichkeit zur Anlage eines Hafens. Wie sehr solch ein Hafen erwünscht war, wissen wir von dem durch planmäßige Grabung aufgedeckten Lippe Hafen unmittelbar am Lager bei Haltern (Westf.).

Aus dem Hiller Moor kommend, zunächst nach Osten fließend und dann nach Süden umbiegend, floss einst in germanischer Zeit die Bastau vor der Bölhorst her und mündete vor der Porta gegen Stromrichtung in die Weser. Noch heute verläuft in ihrem alten Flussbett ein kleiner Bach. Tribbe, der Mindener Chronist des 15. Jahrhunderts, berichtet, dass erst im Mittelalter die Bastau nach Minden hin umgelenkt sei. Die alte Bastau bot vor der Porta mit ihrem Mündungstrichter und dem hochgelegenen westlichen Steilufer einen ausgezeichneten natürlichen Hafen. Eben diese Stelle liegt aber nur wenige hundert Meter vom Fundplatz der augusteischen Goldmünze entfernt. Zwar wurde am „alten Postwege “ in Barkhausen vor der Porta, der seit alters ein Weg war, nur eine einzelne Goldmünze aus augusteischer Zeit gefunden und man pflegt zu Recht zu sagen, eine Schwalbe mache - noch keinen Sommer. Es wäre dann vorweg zu untersuchen, ob sich ein Zusammenhang ergibt, wenn man alle Fundstellen von augusteischen Münzen, die in unserer Gegend aufgetreten sind, in eine Karte einträgt. Mögen die Forscher literarische Quellen antiker Schriftsteller wälzen, die Feldzüge römischer Feldherren auf der Landkarte verzeichnen und die mögliche Entfernung der Lagerplätze berechnen, mögen sie das Gelände auf seine Geeignetheit hin abschreiten: den letzten sicheren Beweis für das Vorhandensein eines Römerlagers kann nur die Bodenforschung durch den Spaten liefern. Darum ist es unsere Pflicht, bis dahin die Vorarbeiten zu leisten und alle Bodenfunde, wie Münzen, Scherben, Glasreste, Bronzereste und auffallende Bodenverfärbungen, die der Landmann beim Ackern, der Gärtner beim Graben, das Kind beim Spielen und der Arbeiter in der Kiesgrube und beim Ausschachten findet, sorgfältig zu sammeln und dem Denkmalamt für Bodenaltertümer vorzulegen. Das Heimatmuseum in Minden stellt sich gern in den Dienst der Sache; denn welche Aufgabe läge uns wohl mehr am Herzen, als die, den Wurzeln unseres Volkes und des freien Germaniens nachzugeben.