Metainformationen zur Seite
  •  

Aus der Geschichte der Barkhauser Schule


von Hermann Schmidt


Wenn am 24.Juli 1964 die Gemeinde Barkhausen nach 14-monatiger Bauzeit das Richtfest ihres Schulerweiterungsbaues mit neuer Turnhalle und Jugendheim feiert und damit den ersten Abschnitt dieses großen Vorhabens beendet, durch das ein modernes, großzügiges Schul- und Kulturzentrum entstehen soll, ist es sicherlich sehr reizvoll, die Entwicklung des Barkhauser Schulsystems von den. ersten Anfängen an bis auf den heutigen Tag kurz aufzuzeigen.
Unsere Gemeinde, ursprünglich aus zwei Ortskernen (Gehöftedrubbel), Aulhausen (Oulhusen 1159) und Barkhausen (Gehöftegruppe um die alte Kapelle herum), entstanden und später zusammengewachsen, hat ihre erste Schule sicherlich in Anlehnung, an die noch heute vorhandene alte Kapelle erhalten, die etwa um das Jahr 1500 erbaut ist. Der Schreiber der alten Schulchronik berichtet darüber so: „Die fungierenden Geistlichen konnten der nothwendigen Hülfsleistungen nicht entbehren, in Folge dessen wurde in Barkhausen eine Küsterstelle fundiert. Sicher ist anzunehmen, daß zum Verständniß des Gottes¬dienstes damals von derzeitigen Küstern Unterricht gegeben wurde, mithin die Gründung einer Schule hervortritt.“ Dieses Küster- und Schulhaus, das erste Schulgebäude also im Dorfe, stand in der Nähe der alten Kapelle und ist bis zum Jahre 1820 benützt worden. Der genaue Standort ist nicht bekannt.
„Im Jahre 1540 wurde in den Kirchen Mindens die Reformation eingeführt, und dadurch in den Schulen St. Martinis, wozu Barkhausen gehört, die lutherische Konfession eingeführt.“
Leider sind die alten Kapellenbücher im 30-jährigen Kriege verloren gegangen, so daß wir von dieser ersten „Küsterschule“ in Barkhausen erst vom Jahre 1679 ab wieder Aufzeichnungen haben. Das Verzeichnis der in Barkhausen tätigen Lehrer vom Jahre 1679 ab ist jedenfalls lückenlos. Aus der langen Reihe seien folgende genannt: Conrad Heinrich Bullerkiste 1719-1744 seines „schönen “ Namens wegen, Andreas Hermann, Benecke, bis 1749, wegen seiner sauberen und genauen Aufzeichnungen im Kapellenbuch und schließlich Heinrich August Sassenberg, der von 1868 bis 1884 lehrte und die wertvolle Chronik der Schule angelegt hat.
Um 1800 herrschten besonders auf dem Lande schlechte Schulverhältnisse. Als das Klassenzimmer im Küsterhaus für 90 Kinder (1820) zu klein geworden war, wurde ein neues Schulhaus gebaut: ein Fachwerkhaus mit großer Diele, einem großen Klassenraum und Stallungen. Dieses 2. Schulhaus am Kapellenweg gegenüber dem Spritzenhaus steht noch heute. Als die Schülerzahl bis 1855 auf 150 anstieg, wurde die bis dahin einklassige Schule in eine zweiklassige verwandelt, indem der Lehrer vormittags die Oberklasse und nachmittags die Unterklasse unterrichtete,(Halbtagsschule)
Bis zum Jahre 1878 war die Zahl der Schulkinder auf 240 gestiegen, die Einwohnerzahl von 569 (1818) auf 1138.„Die Kraft und Arbeit eines Lehrers war nicht mehr ausreichend, der Raum des Klassenzimmers war sehr beengt. Es wurde daher von königlich hochlöblicher Regierung in Minden ein Neubau angeordnet und in den Jahren 1878 und 79 ausgeführt“. In dem neuen Schulhause, - es handelt sich dabei um das Haus Kreisstraße 8,- sind schöne Räume zur Wohnung des 1. Lehrers und ein Klassenzimmer, in welchem die I. Klasse unterrichtet wird, während ein 2. Lehrer ab 1878 im alten Schulhause die Klassen II und III betreut (Ganztagsschule: täglich 6 Stunden für Klasse I, 4 Stunden für Klasse II und 2 Stunden für Klasse III )
„Es wird bemerkt, daß der Schullehrer in Barkhausen zugleich ein Kirchenamt an der Capelle als Küster, Organist und Cantor zu verwalten hat. Derselbe ist verpflichtet, am Sonntage, an den Feiertagen und an den Freitagen in der Fastenzeit Betstunden zu halten und bei den Begräbnissen zu fungieren. Die Gebühren für die kirchlichen Funktionen im kirchlichen Amt sind folgende:

a. von jeder Taufe 25 Pfennige, 50 Pfennige Anschreibegeld für Eintragung in das Capellenbuch.
b. von Jeder öffentlichen Leiche 3 Mark von Jeder stillen Leiche 3 Mark
c. von Jedem Confirmanden 50 Pfennige und 50 Eier.“

Der Betrag des zu zahlenden Schulgeldes stieg von anfänglich 15 Silbergroschen pro Schüler und per anno auf 1 Thaler 5 Silbergroschen und nach Einstellung des 2. Lehrers gar auf 5 Mark. Diese Beträge fließen in die Gemeindekasse, die dem 1. Lehrer 600 Mark und dem 2. Lehrer 750 Mark zu zahlen hat. Zum Gehalt des 1. Lehrers kommen noch 456 M Einnahmen aus Ländereien und Naturalien, dazu freie Wohnung und Feuerung und 60 M Einkünfte aus dem Kirchenamt.

Es verdient, in diesem Zusammenhänge festgehalten zu werden, daß alle Abgaben in Naturalien oder Geld an die Küsterei auch noch im Jahre 1868 nur von den Statten mit den alten Hausnummern 1-46 (Halbmeierhöfe, Kötter und Brinksitzer) geleistet werden mußten, die später errichteten Stätten (etwa nach 1800) hießen Neubauer und waren abgabenfrei.
Aus dem Jahre 1862 berichtet der Chronist von folgender Stiftung: Der Gutsbesitzer Carl Schumacher von Wedigenstein vermacht der Schule zu Barkhausen ein Legat von 2 000 Talern mit der Bestimmung, daß die Gemeinde dieses Kapital nicht zu Bauzwecken angreifen darf, sondern daß die 4 1/2 prozentigen Zinsen, jährlich also 90 Taler, nur so zu verwenden sind, daß sie dem Jeweiligen 2. Lehrer für Privatunterricht in Geschichte, Geographie, Naturgeschichte und bürgerlichem Aufsatz zu zahlen sind, den er den erwachsenen Schülern zu erteilen sich verpflichtet.

Der 3. Lehrer, das 3. Klassenzimmer.
Die Schülerzahl stieg weiter an, 1883 zählte man 246 Kinder, so daß ein 3. Lehrer eingestellt werden mußte. Da man aber nur 2 Klassenräume zur Verfügung hatte, mußte man selbst die Mittwoch- und Sonnabendnachmittage zur Unterrichtserteilung heranziehen. Im Jahre 1886 betrug die Schülerzahl gar 263 (Einwohnerzahl l357) so daß sich die Gemeinde zum Bau eines 3. Raumes entschloß.

Da in der Nähe der beiden bestehenden Klassenzimmer keine Baumöglichkeit bestand, kaufte man in der Osterfeldstraße von Bauer Koch Nr. 7 das Gelände jetzt Osterfeldstraße 4 zum Preise von 3.000 Mark pro Morgen (2.525 qm) und errichtete dort eine Lehrerwohnung und ein Klassenzimmer. Der Bau kostete 12.000 Mark. Am 31. Oktober 1887 hielt man feierlichen Einzug. Als 1. Lehrer wirkte seit 1885 der vielen alten Barkhausenern noch bekannte Organist und Kantor Deppe (bis 1905). Als Chronist berichtet er in diesen 20 Jahren ausführlich und sehr gewissenhaft über wichtige Ereignisse dieser Zeit, in der sich die Einwohnerzahl von 1357 auf 2.352 erhöhte, die Schulkinderzahl von 261 auf 425 anwuchs, ein 4. Schulhaus mit 2 Klassenräumen und einer Lehrerwohnung (jetzt Schulstraße 1) im Jahre 1903 bezogen wurde, ein 4. und 5. Lehrer eingestellt wurden. Die starke Industrialisierung der Zeit um die Jahrhundertwende macht sich in Barkhausen ganz besonders stark bemerkbar, aus dem ursprünglichem Bauerndorf ist längst ein Arbeiterdorf geworden ,das mehr und mehr den Charakter einer aufstrebenden Vorstadtgemeinde mit wachsendem Fremdenverkehr annimmt. (1888 Bergverein Minden, 1892 Kaiserstraße, 1893 Wittekindsburg, Straßenbahn Minden-Porta 1896, Denkmalsweihe, 1899 selbständige Kirchengemeinde )
Als im Jahre 1905 Hauptlehrer, später Rektor Klostermann die Schulleitung übernimmt, zählt die Schule zwar 7 aufsteigende Klassen, aber die äußerlichen Schulverhältnisse sind inzwischen unhaltbar geworden: 2 Schulhäuser mit je 1 Klassenzimmer liegen an der Kreisstraße gegenüber der alten Kapelle, ein 3. Schulhaus mit 1 Raum an der Osterfeldstraße und das 4. Haus mit 2 Klassenzimmern an der Schulstraße. Ein System? Schüler, Lehrer und Lehrmittel müssen täglich wandern. Da kann nur ein Neubau helfen, zumal 2 Klassenräume vollständig unbrauchbar geworden sind. Im Jahre 1908 zählt die Schule 495 Kinder, eine 6. Lehrkraft muß eingestellt werden. Da entschließt sich die Gemeinde zu einem großzügigen Neubau auf dem Gelände des Schullandes an der Osterfeldstraße: 6 Klassenraume, einen Zeichensaal, ein Lehrmittelzimmer und Wohnungen für einen verheirateten und 2 unverheiratete Lehrer soll das neue Gebäude enthalten. Im Erdgeschoß wird eine Hausmeisterwohnung, eine Zentralheizung und eine Badeanstalt für Brause- und Wannenbäder gebaut. Wahrlich eine großzügige Planung, die Weitsicht, Unternehmungsgeist und Mut der Gemeindevater von damals erkennen läßt. Unter der Leitung von Architekt Hutze wurde die Schule, die mit 80.000 Mark veranschlagt war, gebaut und am 6. August 1911 eingeweiht. „Alle waren des Lobes voll über den herrlichen Bau. „Die Unterrichtsräume an der Kreisstraße wurden aufgegeben, und das Klassenzimmer Osterfeldstraße 4 wurde 1913 zu einer Turnhalle umgebaut.
Bis zum Jahre 1924 lag die Leitung der 7-klassigen Schule in den Händen von Rektor Klostermann, der als ausgezeichneter Chronist alle wichtigen Ereignisse, insbesondere aus den Kriegsjahren 1914-18, festgehalten hat.
Im Jahre 1924 wurde Dr. Hollo als Schulleiter nach hier versetz Trotzdem diese Zeit pädagogisch besonders rege war, hatte die Schule ,wie überall, große Schwierigkeiten, üble Folgen des 1. Weltkrieges, zu überwinden. Daß es 1928 trotzdem gelang, die Heimatspiele mit einer glanzvollen Aufführung von Hebbels „Nibelungen“ ins Leben zu rufen, ist für alle Zeiten das Verdienst ihres ersten Spielleiters, Dr. Hollo, der mit seltener Begeisterung und unverdrossenem Mut ans Werk ging. Schon das 2. Spieljahr mit der Aufführung der „Räuber” brachte als „Wert vollste Räuberbeute“ die Errichtung einer Neuen Turnhalle ein, zu deren Baukosten die Heimatspiele die Hälfte zuschossen.
Trotz sinkender Schülerzahlen (um 260), Arbeitslosigkeit, Stellenabbau unter anderer wirtschaftlicher Nöten dieser Zeit, blieb das Schulschiff flott.
Allerdings mußte infolge der sinkenden Schülerzahl eine Lehr¬kraft abgebaut werden, so daß für die Nachfolgenden Schulleiter Brinkmeier(34-35) und Fritz Kleffmann (1.6.35-28.3.45) nur noch eine Berufung als Hauptlehrer möglich war. Die Schülerzahlen wuchsen zwar wieder bis auf 300 an, dann aber, „nach noch nicht ganz 20 Friedensjahren stand unser deutsches Volk im 2. Weltkrieg. Nirgends Jauchzen und Jubeln. Neben Sammeln von Knochen, Altmaterial und Heilkräutern nehmen die Luftschutzmaßnahmen und die Luftschutzerziehung in der Schule einen großen Raum ein und sind doch noch immer unzureichend. Trotz fehlender männlicher Lehrkräfte muß die Schule 72 evakuierte Kinder aufnehmen, unausgebildete Schulhelferinnen einstellen (42/43), Beschlagnahmen fast aller Klassenräume erduldet.
Das Ende ist Grauen, erschütternd für Kinder und Lehrer, besonders aber für den hochbetagten Schulleiter, Hauptlehrer Fritz Kleffmann, der nach 37 1/2 Dienstjahren in Barkhausen mit der totalen Kapitulation 1945 das sinkende Schulschiff verläßt. Meinem hochverehrten früheren Lehrer hätte ich weiß Gott einen anderen Abgang gewünscht.
1945: bis Anfang Dezember ist in Barkhausen die Schule geschlossen. Dann kommt als neuer Kapitän Rektor Hermann Pieper aus Bochum-Gerte, um das Schiff wieder flott zu machen. Etwa 450 Kinder, d.h. mehr noch deren Eltern warten darauf, daß die Schule ihre Tore wieder öffnet. Zum Glück ist das Schulhaus heil geblieben. Mit kleiner Mannschaft beginnend, vervollständigt der neue Schulleiter allmählich sein Kollegium. Im Jahre 1950 hat die Schule bereits wieder 9 Lehrkräfte, die in 12 Klassen(einschließlich 9. Schuljahr) 488 Kinder unterrichten, unter denen 33 heimatvertrieben sind.
Die letzten im Herbst eingeschulten Kinder gehen nach 8 1/2 Schuljahren zu Ostern 1953 ab. Die Schülerzahlen sinken zwar bis auf 321, in viel stärkerem Maße sinkt aber die Zahl der Lehrer. Und da die Regierung endlich die Klassenfrequenz schrittweise auf 40 herabsetzt, wird der Lehrermangel immer spürbarer. Wegen der Stadtnähe gehen von unserer Schule besonders viele Kinder nach der Grundschulzeit auf höhere Schulen über. Dadurch ergibt sich folgendes Bild: sehr Starke Unterklassen(über 60 Kindern) die geteilt werden müssen, und schwache Oberklassen, die zusammengelegt, wieder die Zahl 40 weit überschreiten würden.
Diese zweifache Not des Lehrermangels und der Raumnot (12 Klas¬sen und nur 8 Räume) machen auch mir, dem derzeitigen Schulleiter (seit 1961), viel Sorge und Mühe bei der Aufstellung des Stundenplans. Nachdem der Rat der Gemeinde in den, letzten Jahren zunächst für vollständige Erneuerung des Gestühls sorgte und einen Mehrzweckraum einrichten ließ, entschloß er sich, durch einen Erweiterungsbau (4 neue Klassen), durch Neubau eines Ver¬waltungstraktes, Umbau des alten Schulgebäudes, Umwandlung der alten Turnhalle in eine Aula, Erstellung einer modernen Schulküche und eines Werkraums, das Schulproblem in ebenso großzügiger Weise zu lösen wie ihre Vorfahren 1910.
Die Schule wird zur Zeit von 342 Kindern besucht, die in 11 Klassen unterrichtet werden. Sie ist eine Gemeinschaftsschule. Das Lehrerkollegium setzt sich aus 9 Lehrkräften zusammen:

Lehrerin Gertrud Alsleben,
Lehrerin Annegret Meyer-Spelbrink
Lehrerin Marlene Hartmann,
technische Lehrerin Christa Luczny
Aushilfslehrerin Luise Riemann
Lehrer Wilhelm Leimbach
Konrektor Kurt Boldt

seit 52 Jahren zum erstenmal wieder einen jungen Lehrer, Herrn Gerd Achelpöhler (25 J.) und als Schulleiter
Rektor Hermann Schmidt, der ein Kind dieser Gemeinde in den Jahren von 1909 bis 1913 in allen damals bestehenden 4 Schulhäusern selbst die Schulbank gedrückt hat.