Moltketurm


Ein aus Porta-Sandstein errichteter Vermessungspunkt, benannt nach Helmuth Karl Bernhard von Moltke.


Standort

Inschrift der Bronzetafel

MOLTKETURM
errichtet 1829 als trigonometrischer Punkt „Wittekindstein“ auf Anre-
gung des Obergeometers Johann-Jacob Vorlaender (1799-1886) unter
wesentlicher Mitwirkung von Heinrich-Ludwig Schuhmacher (1779-1856), dem
Erbpächter des am Fusse des Berges liegenden Gutes Wedigenstein.
Das 13,9 m hohe Bauwerk aus Porta-Sandstein hat am Fuss einen
Durchmesser von 4,95 m und ist durch eine Wendetreppe bis zur
Aussichtsplattform (294,16 m über N.N.) begehbar.
Die Gemeindevertretung Barkhausen machte am 30.5.1906 bekannt, dass
dieser Turm zur Erinnerung an den preussischen Generalfeldmarschall
Helmuth-Karl-Bernhard Graf von Moltke (1800-1891) den Namen Molt-
keturm führen sollte.
Stadt Porta Westfalica
- Fremdenverkehrsamt -
Bergverein Porta Westfalica-Barkhausen


Lebenslauf eines der schönsten Mindener Aussichtspunkte

— Schumacher-Wedigenstein förderte seinen Bau — Er gehört heute der Gemeinde Barkhausen, die ihn in Kürze wieder instandsetzen will1)

Wer vom Kaiser-Wilhelm-Denkmal, dem Wahrzeichen der Westfälischen Pforte, den Kammweg wandert, unter dem Schatten mächtiger, rauschender Baumkronen nach Westen, der alten Wallburg des Sachsenherzogs zu, der erreicht halben Weges die höchste Kuppe des Wittekindsberges. Auf ihr ragt, aus der Gipfelwaldung stark hervortretend, ein runder Turm in die klare, linde Sommerluft; weithin beherrscht er die Umgegend.

Jeder Mindener kennt den Moltketurm, jede „Bergratte„ hat ihn schon bestiegen und den Blick von seiner Plattform aus über die gelben und grünen Schachbrettfelder fruchtbarer Aecker und saftiger Wiesen, über die idyllischen Bauerndörfer unseres schönen Landes hinweg zu der Heimatstadt am silbrigen Strom schweifen lasten. Du sicher auch schon, lieber Leser. Bist du dann gedankenlos weitergegangen, oder hast du dich auch — Hand aufs Herz! — schon einmal gefragt:

Wie und wann ist der Turm entstanden?

Wenn das eigene Wissen keine ausreichende Auskunft geben kann und auch alle anderen Versuche, des Rätsels Lösung zu finden fehlschlagen, sucht man die letzte Zuflucht in Büchern, in unserem Falle in alten heimatkundlichen. Man blättert in den vergilbten, zerfledderten Seiten und schmunzelt, wenn man die gewünschte Stelle endlich gefunden hat. Genau so beglückt waren wir, als uns nach langem Suchen eine bestaubte, überhaupt vom Zahn der Zeit arg mitgenommene Schrift in die Hände fiel, die vor rund einem Jahrhundert bei J. C. C. Bruns, Minden, gedruckt wurde und in er wir einen Bericht voll Freude und Genugtuung entdeckten:

“ …Von der Wittekinds-Kapelle gelangt man auf dem Gebirgskamme in kurzer Zeit zu der ostwärts liegenden höchsten Gebirgs-Kuppe des Wiehengebirges, wo ein runder, weithin bemerkbarer Thurm steht. Derselbe ist 50 Fuß hoch und der Mittelpunkt einer unabsehbaren Rundschau. Wir haben ihn der Triangulations-Vermessung zu verdanken. Als nämlich bei dieser die höchste Kuppe des Widegenberges zur Errichtung eines Signalzeichens ausersehen war, regte sich von vielen Seiten her der Wunsch, aus dem bloßen Signalzeichen eine bleibende Umschauungswarte hervorgehen zu sehen, und die Gründung dieser muß namentlich und hauptsächlich dem thätigen Eifer des Amts-Raths Schumacher, dem Besitzer des Domanialgutes Wedigenstein, zugeschrieben werden. Auf dessen Veranlassung wurde eine Subscription zu freiwilligen Beiträgen eingeleitet; er leitete und förderte den Bau durch Zuschüsse und Materialien, und so war der Thurmbau am 3. August 1830 — dem Geburtstage des Höchstverewigten Königs Friedrich Wilhelm III. — wirklich vollendet. Im Innern des Thurms führt eins massiv gemauerte Wendeltreppe zu der mit einer hölzernen Brüstung versehenen Plate-Forme. Diese liegt, nach trigonometrischen Bestimmungen. 938' über der Meeresfläche oder 817 über der Weser bei Minden…„

Nun stand er vor mehr als hundert Jahren hoch oben und wartete der Stürme, die über ihn hinwegbrausen, wartete der Wanderer, die ihn besteigen würden, den namenlosen Turm. Was ist Chemie ohne Formeln, was Musik ohne Noten? Im Grunde das gleiche wie jener Turm, der keine Bezeichnung trägt. Also war es eine „unmögliche Notwendigkeit“, ihm einen Namen zu geben.

Wie aber sollte er heißen?

Der Erbauer, Amtsrat Schumacher, habe ihn — wie kürzlich verlautete — im Gedächtnis an den Sachsenherzog „Wittekindsturm„ genannt. Zweifelsohne sei das Andenken des sächsischen Heerführers in unserer Gegend lebendiger als das Moltkes. So läge es nahe, eine Umbenennung in „Wittkinds-turm“ vorzunehmen. Was nun? Dieser Behauptung blind folgen, oder ihre Richtigkeit erst nachprüfen und dann entsprechend verfahren? Man entschied sich für das Letztere und kam zu folgendem Resultat: „Wittekindsturm„ sei er nie, wohl aber eine Zeitlang — wie auch Prospekte der Porta Westfalica aus der damaligen Zeit bestätigen — „Turm auf dem Wittekindsberge“ genannt worden. Und warum er seine jetzige Bezeichnung erhalten hat? Erstens, weil er namenlos dastand; zweitens, da eine Benennung in „Wittekindsturm„ insofern ausschied, als das Gedenken an den Sachsenherzog durch die nach ihm benannten Berg, Burg und Quelle durchaus gesichert ist und weil es drittens als ein glücklicher Gedanke erschien, neben die Ehrung des Staatsmanns Bismarck auf dem Arminsberge die des Feldherrn Moltke zu stellen

Von da ab blickt der „Große Schweiger“ von hoher Warte ins weite Land.

Die Eigentümer des Moltketurms

Daß ein hundert Jahre altes Bauwerk im Laufe seine: bisherigen Lebenszeit nicht immer ein und denselben Besitze: gehabt hat, ist mehr als verständlich. Dem Moltketurm kommen vier an der Zahl zu. Es sind in chronologischer Folge diese:

Als erster sei genannt: Amtsrat Schumacher, besser „tätigem Eifer die Gründung des Thurmes zugeschrieben werder muß . Große Verdienste hat sich außerdem der derzeitige Besitzer des Erbpachtgutes Wedigenstein um Erhaltung und Pflege der alten historischen Stätten und Gebäuden aus den Berge erworben. Mit den damals vorgenommenen Nach grabungen auf besonderen Stellen im Gebirge ist sein Name unlösbar verbunden. Nach dem Tode des Amtsrats ging der Turm in das Eigentum seines Nachfolgers, des Gutsbesitzers Osthaus, auf Wedigenstein über. Der soll dem Moltketurm seinen Namen gegeben und auch an ihm die Moltkeplatte an gebracht haben. Laut Schenkungsurkunde vom 29. Juli 1912 hat er ihn dem Evangelischen Verein Frauenhilfe in Bark Hausen an der Porta vermacht, wahrscheinlich mit der Absicht ihm eine kleine Einnahmequelle zu verschaffen. Denn bekannt lich kostet das Besteigen des Turmes einige Heller; und außer dem wirft ein vom Wärter betriebener Verkauf von Ansichts-karten an schönen Sommertagen auch ein paar Groschen ab.

Vor wenigen Tagen hat nun die Frauenhilfe das Eigentumsrecht unentgeltlich an die politische Gemeinde Barkhausen an der Porta abgetreten, die übrigens schon einige Jahre Pächter des Turmes war. Und wie ist sie dazu gekommen? Der Grund ist: Polizeilicherseits wurde festgestellt, daß der Turm verschiedene Mängel aufweist, die unbedingt beseitigt werden müssen, wenn er weiterhin bestehen und der Allgemein heit zugänglich bleiben soll.

Sein augenblicklicher Zustand ist polizeiwidrig

Dem aufmerksamen Betrachter wird nicht entgangen fein daß der obere Teil der Umschauungswarte nach Süden hin stark ausgebaucht ist Außer einem Neuaufbau dieser drei bis vier Meter muß der Fußboden der verwitterten, massiven Terrasse erneuert und die sehr abgenutzte Einfriedigung am Fuße des Turmes durch eine kleine Brüstungsmauer ersetzt werden. Der Fachmann wird beurteilen können, daß diese Arbeiten enorme Kosten verursachen, die aufzubringen dem Evangelischen Verein nicht möglich ist. Ihm wäre vielleicht nach Lage der Dinge kein anderer Ausweg geblieben, als den Turm niederzulegen bezw. sprengen zu lassen — wenn sich nicht die Gemeinde Barkhausen an der Porta entschlossen hätte, im Interesse der Er Haltung des Moltketurmes (der im Laufe der Jahre ein Stück Heimat geworden ist und nun einmal mit zur schönen Porta gehört), ihn zu übernehmen und die von sicherheitspolizeilicher Seite geforderte Renovierung ausführen zu lassen. Das allen waren die Gründe zu dem jüngst erfolgten Eigentumswechsel

Baldmöglichste Instandsetzung

Der Turm hat nun seinen vierten „Herrn“. Weite Kreis unserer Bevölkerung wird das erfreuen: Er wird nun nicht i Rauch und Asche fallen, auch nicht dem Erdboden gleichgemach Er bleibt der Allgemeinheit, bleibt uns erhalten! Die Gemeinde Barkhausen an der Porta will keine Kosten scheue und alles daransetzen, den Turm so schnell wie eben möglich instandzubringen. Wenn er auch augenblicklich auf Anordnung der Polizeibehörde geschlossen ist — zum Leidwesen viele Besucher des sagenumwobenen Wittekindsberges, die ihn ger besteigen möchten, um von luftiger Höhe Ausschau in die Umgebung zu halten —, so wird sich schon bald wieder dem Aug des Bergwanderers in freier Rundschau ein weites, schöne Panorama entfalten. Vergessen wollen wir dann nicht, da wir diesen Landschaftsgenuß der Gemeinde Barkhausen an der Porta verdanken.

Ihr darum ein weithallendes Hoch! Heinz Grandmann.


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