Teufel, Spukgeister, Heren


Teufel baut eine Scheune

Ein Bauer in der Gegend von Minden hat einmal einen Packt mit dem Teufel gemacht, er solle ihm eine Scheune bauen; aber sie müsse, ehe der Hahn am andern Morgen frühe, fertig sein. Das ist der Teufel eingegangen, hat wacker gebaut und Steine und Balken mit einer Haft angefahren, daß, als der Bauer um Mitternacht von dem gewaltigen Lärmen erwachte, die Scheune zu seiner Verwunderung schon fast fertig war. Da ist ihm ein Grauen angekommen, er hat seine Frau geweckt, ihr alles erzählt und sie angetrieben, nun Rat zu schaffen. Da hat sie sich ein wenig besonnen, ist dann schnell in den Hühnerstall gegangen und hat dort einen so großen Lärm gemacht, daß die Hühner und der Hahn durcheinander gepflogen sind, und dieser angefangen hat zu krähen. In dem Augenblick war der Teufel mit einem ungeheuern Quaderstein gerade über der Mindener Brücke und als er den Hahnenkrat hörte, warf er den Stein wütend hinab, der fiel auf das Gebälck und zerschmetterte einen Teil desselben, und so oft man es auch hat wiederherstellen wollen, es ist nicht gelungen, und man sieht das Loch noch heutigen Tags.1)


Der Farrensamen

Der Farrensamen2) hat die wunderbare Eigenschaft, daß er unsichtbar macht. Er ist aber schwer zu finden, denn er reift nur in der Mittesommersnacht von zwölf bis eins. Und dann fällt er gleich ab und ist verschwunden. Einem Manne in Bergkirchen ging es einmal wunderlich damit. Er suchte grade in der Nacht sein verlorenes Füllen und kam da durch eine Wiese, in welcher grade Farrensamen reifte, und so fiel ihm dieser in die Schuhe. Des Morgens kehrte er wieder nach Hause, trat in die Stube und setzte sich. Es kam ihm seltsam vor, daß Frau und Hausgenossen ihn gar nicht beachteten. Da sprach er: „Das Fohlen habe ich nicht gefunden!“ Alle, die in der Stube waren, erschraten sichtlich. Sie hörten die Stimme des Mannes und sahen doch niemanden. Da rief ihn die Frau bei Namen und meinte, er müße sich wohl versteckt haben. Er aber stand auf, stellte sich mitten in die Stube und sagte:„Was rufest du? Ich stehe ja hier nahe vor dir.„ Da wurde der Schreck noch größer, denn man hatte aufstehen und gehen gehört und sah doch nichts. Der Mann aber merkte nun, daß er unsichtbar sei. Und zugleich fiel ihm ein, er möchte wohl Farrensamen in den Schuhen haben, denn es drückte ihn, als wenn Sand darin wäre. Er zog sie also ab und stäubte sie aus. Und wie er das that, stand er sichtbar da vor aller Augen.


Der schwarze See und Bischofsfang

Da, wo jest zwischen Minden und Bübbecke das Moor ist, war vor Zeiten ein See, der schwarze See genannt. In den umliegenden Dorfschaften sind noch manche Erinnerungen daran übrig geblieben. So hat Fiermann's Hof in Isenstädt den Namen davon, daß hier der Fährmann gewohnt, um nach dem schräg gegenüber liegenden Husum überzusetzen. In Husum ist noch ein Schephörster an der Stelle der Horst, d. h. des hohen Vorsprunges, bei welchem die Schiffe angelegt haben. Das Dorf Hartum hat seinen Namen davon, daß die Schiffer bei demselben eine unbequeme, seichte Stelle zu vermeiden hatten, und deswegen, wenn sie dahin kamen, einander zuriefen: „Hart um! Hart um!“ Bei Hahlen war auch eine Fähre, welche nach Haddenhausen hinüber holte. Und von diesem Holen (hahlen) ist das Dorf genannt. Der Anlandungsplaß bei Hahlen war da, wo jetzt Rösener's Winkel ist. An diesem See zwischen Hartum und Südhemmern lag in jener Zeit eine Stadt, welche Bischofsfang hieß. Nach einigen hieß sie so, weil ein Fischfang, welchen der Bischof hier als an der fischreichsten Stelle des Sees besaß, Veranlassung zum Anbau des Städtleins gegeben hatte. Andere aber leiten den Namen von dem Blutgerichte und Gefängnisse her, welches hier gewesen. Dieser Ort ist versunken. Und das ist geschehen wegen Gewalt und Unrecht, so hier schwer und vielfältig geübt worden. Zwingherren, die hier gewohnt haben, sollen zu grauen Hasen verzaubert sein und in unterirdischen Höhlen herum laufen.


Der Weserdurchbruch

In alter Zeit ist das ganze Weserthal bis zur Porta ein großer See gewesen, bis endlich Gott der Herr einmal ein gewaltiges Erdbeben geschickt hat, da haben sich die Wasser bei Hausberge Bahn gebrochen und sind zum Meere hinabgeströmt. Alsaber so das Land frei geworden ist, da hat man es zu bauen angefangen und hat zuerst Ahe, dann Fischbeck, beide an der Weser, und dann Deckbergen am Fuße des Süntel gebaut; das sind die ersten Dörfer der Gegend gewesen.


Bergkirchen

Bergkirchen soll die älteste Stirche der Mindenschen Diöcese sein. Die Irmensäule soll hier auf einem Wedegonisberg, der dann später Bergkirchen genannt wurde, gestanden haben und von Karl dem Großen zerstört sein. Karl habe dann den Papst Leo III. hierher berufen, um die neue, auf der Stelle des zerstörten Gößentempels gebaute, dem heiligen Nicolaus geweihte christliche Kirche zu weihen. Dieser habe dieselbe mit einer kleinen Glocke beschenkt.


Todtenhausen

Dem Wallfahrtsteiche gegenüber, in der Nähe des Dorfes, wurde das französische Kriegsheer im Jahre 1759 von den verbündeten Truppen unter Herzog Ferdinand von Braunschweig geschlagen.

König Friedrich Wilhelm I. kam einmal durch diese Gegend, um sein geliebtes Fürstentum zu sehen. In der Nähe von Todtenhausen bemerkte er aus seinem Wagen, daß seitwärts mehrere Männer dabei waren, den Rasen von dem Erdboden zu trennen. Dies fiel ihm auf; er ließ einhalten und die Arbeiter zu sich rufen. Nun erkundigte er sich nach dem Zwecke und dem Nutzen dieser Erdschollen und ließ sich die Arbeit zeigen. Damit noch nicht zufrieden, stieg er aus dem Wagen, ließ sich von einem der Plaggenhauer das Werkzeug (Plaggenseegt) und den dazu nötigen kleinen eisernen Haken geben und versuchte nun, mit dem ersteren eine lange Plagge vom Erdboden zu lösen und zugleich), wie ihm gezeigt worden, mit dem Hafen in der linken Hand aufzurollen. Es gelang über alle Erwartung. Die vom Könige gehauene Plagge gab denen, welche Geübtere gehauen hatten, nichts nach; denn sie war dünn und nicht zerstückelt. Der König freute sich über das Gelingen seines Versuches, gab den Arbeitern ein reiches Trinkgeld und fuhr vergnügt weiter. Die Plaggenhauer hoben die von königlicher Hand gehauene Plagge sorgfältig auf, hingen sie auf einen hohen Weidenbaum und banden sie fest. Hier hat sie lange gehangen, bis sie verwitterte.

1)
Neuerdings freilich ist die alte Brücke durch eine neue ersetzt worden.
2)
Der Farrensamen spielt in den Herensagen eine bedeutende Rolle.