Wittekindssagen


Die Wittekinds Burgen

Held Wittekind oder Widukind, der Sachsenherzog, hatte eine Burg in der Gegend von Minden auf einem schönen Berge, da wo das Wesergebirge beginnt, und man einen reizenden Punkt der Gegend die Porta Westfalica nennt, die hieß die Wittekindsburg oder Wekingsburg, auch Wedigenstein. Eine andere stand auf dem Werder, da, wo die Herforder Werre in die Weser fließt, und eine dritte hatte Wittekind nahe der heutigen Stadt Lübbecke erbaut, die hieß die Babilonie. Von allen gehen noch Sagen um im Lande Westfalen. Die Burg bei Minden, oder der Ort selbst, habe erst Visingen geheißen, da habe Karl der Große, als Wittekind Christ geworden, gern einen Bischofssitz alldort begründen wollen und begründet. Denn es sei Raum genug vorhanden gewesen; auch bedurften die Menschen in jenen frühen Zeiten, obschon sie größer und stärker waren, wie das heutige Geschlecht, des Raumes ungleich weniger, wie letzteres. Und da habe Wittekind zu dem Bischof gesprochen: es soll mein Gut Schloß Visingen an der Weser gelegen zu gleichem Rechte mein und dein sein, und kein Streiten um das mein und dein min din, und von da sei der neue Sitz Mindin genannt worden, daraus dann hernachmals Minden entstand. Auch Wettin, der Sachsenfürsten hehre Stammburg, soll Wittekind erbaut haben, und Wittenberg dankte ihm nicht minder seine Gründung. Nahe der Burg am Werder soll ein greiser Christenprieſter dem Helden Wittekind auf dessen Jagdgange im tiefen Walde begegnet sein und zu ihm gesprochen haben, er solle an Christus glauben und an die Macht des ewigen Gottes. Da habe der Heidenheld ein Zeichen dieser Macht gefordert, und der Priester habe im Gebet zu Gott gefleht um solch' ein Zeichen. Mache, daß Wasser aus diesem Felsen springt, so will ich die Taufe annehmen!„ habe Wittekind gerufen, und da habe sich das Roß empor gebäumt, mit dem Hufe an den Fels geschlagen, und ein Wasserstrahl sei aus dem Gestein gerauscht. Da stieg der Held vom Roß und betete und baute nach der Hand eine Kirche an dem heiligen Orte, die hieß dann Bergkirchen, und der Born darunter quillt noch heute und heißt der Wittekindsborn.

Als aber der große Wittekind nach einem Leben voll männlicher Kämpfe gestorben war (manche sagen, in einer Schlacht gegen den Schwabenherzog Gerwald oder Gerolt gefallen), da ist zwar sein Leib in Enger, wo er auch eine Burg hatte, beigesetzt worden, aber viele haben ihn nachher doch noch wieder gesehen. Die Sage geht, daß die Schlacht auf dem Wittenfelde gar vielen braven Streitern das Leben gekostet, und daß der Held endlich flüchtend gegen Ellerbruch gezogen. Da nun im Heerestroß viele Weiber und Kinder gewesen, die nicht gut fortzubringen waren, da habe sich das Sprüchwort erfüllt: Strup unter, frup unter (frieche ein) die Welt ist Dir gram!“ und es habe sich unten an der Babilonie der Berg aufgethan, und Wittekind sei mit seinem ganzen Heer und allem flüchtigen Gefolge hineingezogen und habe sich da hinein verwünscht für ewige Zeiten. Manchesmal sieht man ihn in gewissen Zeiten mit außerlesenem Gefolge im Wesergebirge auf weißen Pferden reiten, da besucht er seine Burgen; auch wird das Heer erblickt mit blinkenden Spießen und lauter Lärm wird dann vernommen, Rossegewieher und Hörnerschall; und die Anwohner sagen, es bedeutet Krieg, wenn der Wittekind aus der Babilonie ausreite, wie dort vom Rodenstein und Schnellert die verwandte Sage geht. Auch um den grundlosen Stolf„, einem Moorsee in Westfalen, spuken zur Nacht Wittekind's Heerscharen und ziehen nach der Widekesburg einer öden Trümmerstätte.


Widukind's Bekehrung

Widukind hatte in der Gegend des Wesergebirges drei Festen, bie eine westlich von Lübbecke, Babilonie genannt; die andere auf dem Werder bei Rehme, den der Einfluß der Werre in die Weser bildet; die dritte, ein steinernes Waldhaus, am Fuße des Margareten oder Wittekindsberges, wo das malerisch gelegene Wedigenstein in das herrliche Weserthal hinabschaut. Denn Widukind heißt im Volksmunde auch Wittekind oder Weking. Zur Zeit des Krieges zwischen den Franken und Sachsen wohnte an demselben Gebirge ein Mann, namens Berthulf. Dieser war in den Forst gegangen, um Holz zu fällen, und als er abends mit seiner Bürde wieder nach Hause zurück kam, fand er seine Frau und seine beiden Kinder, einen Knaben und ein Mädchen, schon an dem Herde versammelt; denn der Abend war kühl, und es ging ein rauher Wind durch das Gebirge. „Ihr Lieben,“ sprach Berthulf, seine Ladung ablegend, ,,es steigt Flamme und Rauch von mehreren Punkten der Ebene auf, die Franken müssen wohl eine Schlacht gewonnen haben.„ Da ergriff der Knabe ein Beil, stampfte es ungestüm gegen den Boden und rief aus: Warum bist Du nicht auch zu dem Heerbanne aus gezogen, Vater, und hast mich mitgenommen?“ Die Frau aber sagte: Kind, Du weißt ja, daß die Franken Christum erkennen und ihm dienen, wie auch wir. Sollte denn der Vater gegen seine Glaubensgenossen fechten?„ Die Sachsen sind aber doch unsere Landsleute,“ sprach der Knabe trotzig. Das Mädchen sagte hierauf: Der Himmel ist mehr, als die Erde. Wenn nun unser guter Vater einen Christen erschlüge, der für die Sache des Heilands ficht, wie könnte er dann in den Himmel kommen?„ Es war, als wisse der Knabe nichts Rechtes zu antworten; Berthulf aber erhob seine Stimme und sprach: Ihr lieben Kinder, ich spüre es mehr als je, daß ihr zu meinem Herzen gehört; denn alle eure Stimmen lassen sich darin vernehmen und haben es schon gethan, seit auch unser Gau zum Aufbruch aufgeboten wurde. Aber daß ich keinen Anteil genommen habe, ist der Wille des Herrn, dem ich gehorchen muß.“ Alle sahen schweigend und nachdenklich in die Flamme des Herdes, da ließen sich den Bergpfad herauf Tritte von Roß und Mann hören. Berthulf hielt einen ellen langen Stienspan ins Feuer und ging mit dem lodernden Brande in die dunkle Waldung vor sein Haus hinaus. Da kam ihm ein stattlicher, geharnischter Mann entgegen, aber ohne Helm, welcher ihm im heißen Treffen mochte zerhauen worden sein, denn statt dessen war ein blutiges Tuch um den Kopf gebunden. Hinter ihm ragte noch eine hohe Gestalt hervor, eine spißige Sturmhaube über dem dunkeln Haar, an der Hand ein Roß führend, aus dessen ängstlichem Schnaufen sich abnehmen ließ, daß es wund sei. „Ist hier wohl Raum für uns und für mein Pferd?„ fragte der zweite; denn wo das bleibt, da bleibe ich auch, wir beide sind Gesellen in Not und Tod.“ Ja wohl,„ sagte Berthulf, Iud die Gäste freundlich in sein Haus und bereitete für das Pferd eine gute Streu und eine volle Strippe; die Gäste sezten sich indes um das Feuer. Die beiden Kriegsleute schienen in tiefe Gedanken versunken, während die Hüttenbewohner ihre Gäste um so achtsamer betrachteten. Daß beide Sachsen waren, zeigten ihre Gestalt, Tracht, Bewaffnung und Sprache. Ueber großen, blauen Augen rollte das gelbe Lockenhaar des einen aus dem blutigen Kopftuche auf die königliche Stirn herunter. Der andere sah finster aus und war dunkel von Haar und Bart. Indes kam die Hausfrau mit einem Kruge met gegangen und reichte ihn den Gästen, indem sie mit der Hand das Zeichen des Kreuzes darüber machte, wie sie bei jedem Genusse von Speise und Trank gewohnt war. Da sahen die Fremden einander mit finstern Blicken an, und der mit dem blutigen Kopftuche sprach: Ich meine, wir sind unter Christen gekommen, unter Abtrünnige vom Glauben der Väter; denn unsere Wirtin machte ein Zeichen, das ich von sterbenden Franken oft habe machen sehen.“ Ich glaube es auch,„ erwiderte der andere, ,,und wir werden hier wohl noch ein Nachspiel der Schlacht halten müssen.“ Darüber wurde die Frau sehr blaß und sprach: „Ihr lieben Herren, thut uns und unserem Hause kein Unrecht an! Das Zeichen, welches ihr gesehen habt, soll nur den Hammer des großen Asathor bedeuten.„ Sie wußte nämlich um das Heidentum nur noch allzugut Bescheid, weil sie erst vor wenigen Jahren daraus bekehrt worden war. Die Gäste beruhigten sich damit und tranken den Met, während der Knabe die Mutter heimlich zupfte und ihr zuflüsterte. Mutter, was soll denn das Hammerzeichen? Ich weiß ja von keinem Hammer.“ Sie aber gebot ihm zu schweigen und suchte die furchtbaren Fremden auf andere Gedanken zu bringen.

Unterdes war Berthulf, der einstweilen mit dem Pferde beschäftigt gewesen war, an den Herd zurückgekommen, und als er sah, daß die Gäste nur aus einem Kruge tranken, hielt er es ihrem ritterlichen Ansehen nicht für ehrenvoll genug. Er ging nach einem Wandschranke, um ein altes, schönes Trinkhorn zu holen, das der Schatz seines Hauses war. Dabei kam er an einem Kreuzesbilde des Herrn vorbei und neigte sich nach seiner Gewohnheit ehrerbietig davor. In demselben Augenblicke hatte der Knabe Reisig in das Feuer geworfen, so daß es höher empor schlug und mit seinem Scheine eben die Stelle des Bildes erleuchtete. ,,Halt!„ rief der eine Kriegsmann, was ist das für ein Bild, vor dem du den Nacken beugtest?“ Ihr lieben Herren,„ fiel schnell das kleine Mädchen ein, da es seine Mutter von neuem erbleichen sah, es ist ja nur wieder der Hammer Asathors und weiter nichts.“ Da trat Berthulf kräftigen Schrittes an das Feuer und sprach: Davor sei Gott, daß unter meinem Dache irgend eine Lüge laut werde, die nicht sogleich ihren ehrlichen Widerruf fände! Das da an der Wand ist nicht Asathor's Hammer, es ist ein Christusbild am Kreuze!„ ,,Gottlob, Vater,“ sagte der Knabe, daß du den Hammergeschichten ein Ende machst. Die Mutter erzählte schon vorhin davon, und ich wußte nicht, was das bedeuten sollte.„ Alle waren einen Augenblick still, Mutter und Tochter vor Angst, der Knabe innerlich froh, Berthulf und die Gäste in tiefen, ernsten Gedanken. Endlich hub der mit dem blutigen Stopftuche an und sprach: „Ich will dir nur sagen, abtrünniger Landsmann, daß du vor zwei furchtbaren Richtern stehst. Ich bin der Herzog Widukind, und dieser ist der Herzog Albion.“ Da schrie die Frau vor Schrecken laut auf und nahm ihre Tochter in die Arme. Berthulf aber faßte die beiden Herzöge scharf ins Auge und sprach: „Ich habe schon längst einmal gewünscht euch zu schauen, weil ihr zwei große Kriegshelden seid und wohl verdient, für meinen lieben Herrn Jesus zu fechten. Jetzt kommt ihr mir freilich ungelegen, und ich werde wohl mein Leben vor euch lassen müssen. Haltet nur Maß in eurer Rache und schonet Hütte und Weib und Kinder!“ ,,Das wird noch darauf ankommen!„ antwortete Albion, sich zornig von seinem Sitze erhebend und das Schwert aus der Scheide reißend. Widukind faßte nach der blanken Streitaxt, die er hinter sich an die Wand gelehnt hatte, und stand ebenfalls vom Sessel auf. Beide waren furchtbar anzusehen in ihrem Zorne. Der Knabe hatte indessen das Beil genommen und es dem Vater gegeben. Dann riß er einen Brand aus dem Feuer, stellte sich neben ihn und sagte: ,,Vater, wir wehren uns doch?“ ,,Versteht sich,„ sprach Berthulf, seine Waffe fest fassend, wir werden fechtend sterben wie ehrliche Sachsen.“ - Sterben? lachte der Knabe, das ist noch die Frage; der Feind ist ja auch nur zu zweien.„

Da sahen sich die Herzöge staunend an und senkten Streitaxt und Schwert. Widukind aber sagte: Frieden! Ich verlange nichts weiter als zu hören, wie ein so echter Sachse sich zu der Lehre des Gekreuzigten hat bekennen mögen.“ „Das will ich euch recht gern erzählen,„ antwortete Berthulf; sie setzen sich, ihre Waffen ablegend, ruhig um das Feuer, und Berthulf begann folgendermaßen: Ich war noch ein wilder Jüngling, etwa neunzehn Jahre alt, da zog ich einmal auf die Jagd mit Armbrust und Bolzen durch den Forst. Da begegnete mir ein Christenpriester in langen, weißen Kleidern; der ging hier durch unsere Gauen, um die Leute zu der rechten Lehre zu bringen.“ „Hättest ihn tot schießen sollen!„ unterbrach ihn der finstere Albion. Nein,“ erwiderte Berthulf, so schlimmes kam mir nicht in den Sinn; aber das muß ich mit Schmerzen bekennen: ich gab unvernünftiger Weise dem frommen Manne Schuld daran, daß mir den ganzen Tag noch kein Wild vor den Schuß gekommen war. ,,Hexenmeister,„ sagte ich, spannte die Armbrust und hielt sie auf seinen rechten. hab' ich heute noch nichts geschossen, so will ich doch Dich schießen, und du sollst deine Zauberzeichen ein wenig unbehülflicher machen als bis her.“ Damit schwirrte die Sehne, und der Pfeil saß unter dem Ellbogen fest. Der Priester zuckte schmerzhaft zusammen und hielt sich die verwundete Stelle, aus der viel Blut floß; zugleich aber sah er mich freundlich an und sagte: ,,Mein Sohn, da unten im Felsengrunde steht ein schöner Hirsch. Wenn du heute ungünstige Jagd gehalten hast, hilft dir der wohl wieder zu deinem Schaden.„ Ich, in der Meinung, er wolle mich mit einem Zauberblendwerk zum besten haben, eile dahin, ihm zu zeigen, daß sich ein Sachse niemals fürchtet. Aber der Hirsch steht wirklich da; ich erlege ihn, und als ich mit der Beute zurückkomme, finde ich den Priester blutend in das Gras gesunken. Doch freundlich mich an lächelnd, spricht er: „Siehst du, mein Sohn? Nun hast du ja doch einen guten Fang gethan; das freut mich sehr.“ Diese Worte brachen mir das Herz, ich fühlte mein Unrecht, trug den frommen Mann in meine Hütte, heilte ihm den Arm, und er mir die Seele, und als ich einige Jahre darauf meine Frau heiratete, half ich ihr auf den rechten Weg. Die Kinder haben wir denn natürlich in der Furcht und Liebe unseres teuren Heilands auferzogen. Nun richtet über mich! Ich aber bitte Gott, daß er auch euch zu seiner Gnade helfe durch Jesum Christum.„ Widukind, der nachdenklich zugehört hatte, stand jetzt auf, reichte der Hausfrau und den beiden Kindern die Hand und sprach: ,,Lebet in Frieden!“ Zu Berthulf aber wendete er sich mit den Worten: An deinem Glauben muß etwas Wahres sein, aber wir haben keine Zeit darüber nachzusinnen. Wir eilen nach meiner Burg Babilonie, des Rastens ist genug, führe uns durch den Wald auf Wegen, die kein Franke weiß!„ Berthulf sprach: ,,Von Herzen gern,“ und sie machten sich auf. Durch das Dickicht des Waldes ging es am Gebirge in die Höhe, bis sie auf dem Kamme waren. ,,Nun kehre heim, du treuer Führer!„ sagte Widukind; ,,wir sind jetzt geborgen, die Babilonie ist nicht mehr weit. Nimm unsern besten Dank!“ Berthulf nahm Abschied und verschwand im Gebüsche.

In Widukind's Seele war der Stachel des Zweifels an der Echtheit seiner Glaubens gedrückt worden, und er vermochte nicht, ihn zu beschwichtigen. Als nun im Winter eine Waffenruhe ein getreten war, ergriff ihn eine wunderbare Sehnsucht, zu schauen, wie die Christen ihren vielgepriesenen Gott verehrten. Das Weihnachtsfest kam heran, da hüllte sich Widukind in Bettlerlumpen und schlich sich beim Hereinbrechen des Morgenrotes in das fränkische Lager. Unerkannt schritt er durch die Reihen der Krieger, die sich zum Gottesdienste anschickten, und gesellte sich zu den Krüppeln, die am Eingange des Heiligtums harrten, daß man ihnen ein Almosen darreichte. Denn hier, meinte der hohe Bettler, könne er am unbemerktesten den gepriesenen Karl schauen, wenn er in der Mitte seiner Helden und Gewaltigen aus dem Gottes hauſe trete.. Hart an die Pforte gelehnt, bog er sich hinüber und blickte hinein in die geweihte Wohnung. Da wurden nicht Pferde und Rinder geopfert wie bei den Heiden, sondern andächtig fuiete Start mit allen seinen Großen vor dem Altare, das Sacrament zu empfangen; Weihrauchduft wallte empor, und die Gesänge der Priester priesen die heilige Nacht, wo die Herrlichkeit des Heilandes sich den Menschen offenbarte. Da wurde Widukind tief ergriffen von der Pracht und Gewalt des Gottesdienstes der Christen, und stumm faltete er die Hände. Es war, als ob das Christuskind ihm lächelnd vom Altar her winkte und spräche: Komm her zu mir!„ Hier, sagt man, kam ihm zuerst der Entschluß, ein Christ zu werden. Als nun Karl hinaustrat und mit funkelnden Augen die Reihen der Bettler und Krüppel durchlief, verweilte sein Blick auf der hohen Gestalt und dem gewaltigen Gliederbau Widukind's. Wohl ahnend, wer er sei, ging er doch schweigend vorüber, und jeder empfing sein Almosen. Widukind aber kehrte in tiefen Gedanken heim zu den Seinen; vor seiner Seele stand fortan bei Tag und bei Nacht das lächelnde, winkende Jesuskind.

Nicht lange nach dieser Zeit ritt Widukind hin über die Berghöhe, auf welcher jetzt das Dorf Bergkirchen liegt, und erwog in sich, welcher Glaube der beste sei, der Gottesdienst seiner Väter oder die neue, siegreiche Lehre der Franken. Und er sprach bei sich selbst: Ist diese die rechte, möchte ich dann doch ein Zeichen haben, durch welches ich gewiß würde!“ Da trat ein chriftlicher Priester aus dem Gebüsche, der sprach: Was sinnst du, tapferer Herzog, welcher Weg des Heils der rechte sei?„ ein Zeichen, daß meine Seele zur Ruhe komme,“ antwortete „Ich wünsche Widukind. Schaff' mir Wasser aus diesem Felsen, und ich will mich taufen lassen!„ Da betet der Priester, und in demselben Augenblicke stampft wiehernd das Roß, und unter seinem Hufe springt aus dem felsigen Boden ein mächtiger Quell hervor. Und Widukind steigt ab, trinkt von dem Wasser und gelobt ein Christ zu werden.

Bald hernach sandte er ins Frankenlager, dem König Karl seinen Entschluß anzuzeigen. Der ließ ihn voll Freuden mit seinen Sachsen herkommen, ward selbst sein Pate, als die Taufe in großer Pracht gefeiert wurde, und umarmte ihn als seinen Bruder. Lauter Jubel aber erscholl durch das Frankenheer, denn dieser eine war ihnen mehr wert, als zehn gewonnene Schlachten. König Karl hielt ihn, so lange er lebte, hoch in Ehren und gab ihm ein neues Wappenschild, indem er das schwarze Roß ohne Zügel und Gebiß, welches Widukind bis dahin in seinem Schilde geführt hatte, in ein weißes verwandelte, damit die weiße Farbe ein Zeichen seines aufrichtigen Glaubens an Jesum Christum sei. Ueber dem Quellborn zu Bergkirchen aber baute Widukind eine Kirche, welche noch heutigen Tages steht.