Die Geschichte der Die Geschichte der evangelisch-lutherischen Kirche in Barkhausen (1895-1924)


von Hermann Schmidt aus der alten Schulchronik von Barkhausen aus der Zeit von 1895 bis 1924


Die Gründung

In der Woche zwischen Weihnachten und Neujahr 1894 wurde die Anregung zum Bau einer Kirche in Barkhausen gegeben. Die Volkszählung im Dezember 1895 wies eine Bevölkerung von 1.796 Seelen auf. Zunahme in den letzten 10 Jahren 422 (etwa 24%). Der schon 1894 geäußerte Gedanke des Baus einer eigenen Kirche bekam unerwartet eine greifbare Gestalt durch folgende Ereignisse:
Im Winter 1894/95 mußten mehrere Repräsentanten in der St. Martinigemeinde neu gewählt werden. Durch geheime Agitation in der Landgemeinde wurde es ermöglicht, daß sämtliche neuen Repräsentanten aus den Landgemeinden(Barkhausen, Bölhorst, Häverstädt) gewählt wurden. Dies geschah, weil Pastor Cordemann, 2. Pfarrer an St. Martini, es fertig gebracht hatte, daß für ihn die frühere Töchterschule, unmittelbar an der Kirche belegen (heute Opferstraße) für 20.000 Mark von der Stadt angekauft war. Die Vertreter vom Lande waren dagegen, waren aber in der Minorität. Um ähnlichen Vorgängen vorzubeugen, sollte die Vertretung vom Lande gestärkt werden, die in der Stadt vermindert. Darauf hatten die Geistlichen von St. Martini durch das Presbyterium Beschluß fassen lassen, daß die kirchlichen Vertreter nach dem Verhältnis der Einwohnerzahlen aus Stadt und Land zu wählen seien. Dieser Beschluß, vom Konsistorium genehmigt, sollte im Jahre 1895 verwirklicht werden.
Dann waren die Landgemeinden, weil in der Minderheit, für immer mundtot gemacht. Dies gab den Anstoß, daß Barkhausen sobald austrat und sich selbst als Kirchengemeinde konstituierte. Die einsichtigen Bürger sagten sich: Wir haben vor wenigen Jahren die Martinikirche renoviert, kostete 150.000 Mark, der 2. Pfarrer, der stets zur Miete gewohnt hat, bekommt ein eigenes Haus, welches, wenn es durchgebaut wird 40.000 Mark kostet. Das Wohnhaus des 1. Pfarrers ist baufällig und ein Neubau kostet mindestens 30.000 Mark. Alle diese kontrahierten Schulden steigern die Kirchensteuern erheblich. Sollen wir nun die Schulden in Minden erst tilgen helfen und dann uns konstituieren und neue Schulden machen und tilgen? Da ist es vorteilhafter, wir trennen uns von der Muttergemeinde St. Martini in Minden und bilden eine Kirchengemeinde Barkhausen.
Die Herren Rentner August Wiehe, Architekt Heinrich Hutze und Gutsbesitzer Heinrich Osthaus zu Gut Wedigenstein reisten am 28. Dezember 1894 zu Konsistorium und trugen dem ihre Absichten vor. Dieses sagte kräftige Unterstützung zu und versprach, das Unternehmen der neuen Gemeinde in jeder Beziehung fördersamst zu unterstützen werden, besonders durch Bewilligung einer Haus- und Kirchenkollekte in der Provinz Westfalen.
Am Sonntag zwischen Weihnachten und Neujahr 1894 wurde die erste Gemeindeversammlung dieserhalb einberufen, und zwar in der alten Schule. Es hatten sich 138 Personen eingefunden. Nachdem alles klargelegt war, das Für und Wider besprochen, stimmten 135 der Anwesenden für Abzweigung und Gründung einer eigenen Kirchengemeinde, nur 3, und zwar Colon Hopmeier 11 ,Colon Lohmeier 26 und Aufseher Kortemeier waren dagegen.
Am 12 Februar 1895 ging der Antrag auf Abzweigung mit 393 Unterschriften von Ortseingesessenen an das Konsistorium ab. Gleichzeitig stellte der nach Hausberge eingepfarrte Gutsbesitzer Osthaus zu Wedigenstein den Antrag, ihn von Hausberge zu entlassen und der Kirchengemeinde Barkhausen zuzuweisen.
Am 27.03.1895 kam der Assessor Hildebrandt von Münster und hielt in der alten Schule einen Termin ab, wozu an 3 Sonntagen in den Kirchen zu St. Martini, Hausberge und in der Kapelle zu Barkhausen eingeladen war. In dem Termine, in welchem der Superintendent Prieß von Bergkirchen, sowie die beiden Pfarrer von St. Martini anwesend waren, hatten sich 113 Gemeindeglieder eingefunden. Von denselben waren 85 für Abzweigung, 28, meist Kolone, dagegen. Die Anzahl der Protestler, aufgestachelt von dem Postverwalter a.D. Edler und dem Hafensekretär a.D. Wöstehoff, vermehrten sich auf die Zahl von 5O. Es waren folgende 50 Gemeindeglieder:

Nr. Name Hofnummer
1. Colon Lohmeier 26
2. Grotemeyer 43
3. Schwarz 89
4. Kortemeyer 85
5. Wöstehof 216
6. Colon Schmeißmeier 12
7. Wortbröker 89
8. Edler 176
9. Colon Franzmeyer 23
10. Karl Meyer 85
11. Schmied Grübbel 36
12. Ww. Stremming 13
13. Karl Schmeißmeier 12
14. Böschemeyer (Witwe Schonebohm) 8
15. Colon Steinmeier 20
16. Bollmann 163
17. Huck 167
18. Spier 171
19. Wolf ?
20. Fr. Spier 206
21. Wolter 205
22. Sander
23. Colon Kelle 4
24. Gerding 75
25. Lohmeier
26. Withop
27. L. Schneider
28. Gerkemeyer 88
29. Hopmeier 11
30. Kölling 182
31. Schonebohm 10
32. Schlomann 27
33. Stremming 118
34. Klemme 43
35. Schmidt 36
36. Wehmeier 53
37. Koch 7
38. Erksmeier bei 7
39. Stremming 5
40. Lohmeier 159
41. Erksmeier 37
42. Alkemeyer 145
43. Köhring 94
44. Heuke 45
45. Lohmeier 224
46. Grotemeier 21
47. Witwe Böschemeier 95
48. Klemme 36
49. Koch 32
50. Heuke 27


Die gehorsamst unterzeichneten Grundbesitzer per procura der Gemeinde Barkhausen erklären hiermit, aus der Evangelischen Landeskirche mit dem heutigen Tage austreten zu wollen, um dann einstweilen als Dissidenten bei der allgemeinen christlichen Kirche zu verbleiben, und bitten Königliches Amtsgericht gehorsamst, das Weitere hierzu hochgeneigtest veranlassen zu wollen. Unsere Gründe des Austritts aus der evangelischen Landeskirche sind folgende: Es ist uns vom Königlichen Konsistorium die Nachricht geworden, daß der Herr Minister der geistlichen Angelegenheiten in Übereinstimmung mit dem Oberkirchenrate die Bildung einer eigenen evangelischen Kirchengemeinde Barkhausen unter Abtrennung von der Martinigemeinde zu Minden genehmigt hat.
Die Bildung einer eigenen Kirchgemeinde wurde aber für die klei¬ne Gemeinde Barkhausen zu kostspielig sein, und würde das manchem daher in Zukunft zu schwer resp. unmöglich werden, die Kirchenabgaben zu tragen. Wir glauben hierzu noch die ausdrückliche Erklärung abgeben zu müssen, daß keiner der Unterzeichneten obiger Austrittserklärung durch etwaiges Zureden oder Überredung durch einen anderen sich zu dem Austritt aus der evangelischen Landeskirche hat bewegen lassen, sondern daß sämtliche Unterzeichner aus eigenem Antriebe obigen Antrag stellen und lediglich den selben der größeren Billigkeit wegen und aus dem Grunde gemeinschaftlich gestellt haben, um denselben in einem und demselben Termin zur Erledigung bringen zu können.
Nachdem die Antragsteller zuvor durch den Pfarrer Wehmeier und schließlich noch durch das Königlichen Konsistorium auf den Ernst und die mit dem Austritt verbundenen Folgen aufmerksam gemacht worden waren, folgten 18 der Aufforderung des Amtsgerichts zum mündlichen Termin zu erscheinen, gar nicht. Die übrigen 32 erklärten ihren Austritt vor Gericht. Die Witwe Schonebohm Nr.1, kränklich, ließ sogar den Richter nach ihrem Hause kommen. Da sie indes fühlte, daß Ihre Tage gezählt sein und sie bald abscheiden würde, war sie die erste, welche den Eintritt in die Landeskirche wieder bewirkte. Ihr folgten bald darauf 29 andere, so daß nur 2, nämlich Kortemeyer 85 und Wehmeyer 53 außer der Kirche verblieben.(traten später auch wieder ein)
In dem vom Konsistorial-Assessor Hildebrandt abgehaltenen Termin wurde ein Protokoll aufgenommen und 4 Repräsentanten als vorläufige Vertreter gewählt, die aber gar nicht in Wirksamkeit getreten sind. Mit dem 1. November 1895 wurde Barkhausen eine selbständige Kirchengemeinde. Am 1. Jan.1896 sandte das Königlichen Konsistorium der Gemeinde den Pastor Otto Meyer aus Gütersloh, um die Gemeinde während der Bauzeit der neuen Kirche zu pastorisieren.
Bald darauf wurde die Wahl von 24 Repräsentanten und 8 Presbytern vorgenommen. Zu Presbytern wurden gewählt:

Nr. Name Hofnummer
1. Amann 40
2. Büsching 9
3. Erffmeyer 3
4. Architekt Hutze
5. Gutsbesitzer Osthaus Wedigenstein
6. Bäcker Pohlmeyer 73
7. Maurer Steinhauer
8. Rentner August Wiehe


Mit der Bildung der neuen Kirchengemeinde wurde gleichzeitig verfügt, daß das Gut Wedigenstein, das Forsthaus und die Wittekindsburg zu der Kirchengemeinde Barkhausen gehören.
Der Gottesdienst wurde nachmittags oder im Sommer morgens um 8 Uhr in der Kapelle abgehalten, während den Gemeindegliedern noch 3 Jahre lang der Hauptgottesdienst in Minden geöffnet war, auch die Geistlichen von Minden sich erboten hatten, die Gemeinde in bisher üblicher Weise gegen Entrichtung der Stolgebühren geistlich zu versorgen. Dies wurde dadurch überflüssig, daß Königlichen Konsistorium Pastor Meyer hersandte. Im Frühjahr 1896 kauften die 32 Vertreter der Kirchengemeinde ein Areal südlich vom Friedhofe in Größe von ca. 8 Morgen, für den Preis von meistens 3 600 Mark pro Morgen. Hiervon wurden 2 Morgen zum Kirchbauplatz, sowie zum Pfarrhaus und Pfarrgarten, die übrigbleibenden Grundstücke sollen, nach Abzug der Wege, im Interesse der Kirchengemeinde zu Bauplätzen verkauft werden (je qm zu mindestens 2,50 Mark).
Am 19. August 1896 war für die 1. Klasse der hiesigen Schule ein besonderer Festtag, denn an diesem Tage hielt Pastor Otto Meyer mit seiner Frau seinen Einzug in der Gemeinde. Sie begrüßten die beiden mit mehrstimmigen Chören: „O, daß ich tausend Zungen hätte“ „So sei gegrüßt viel tausendmal“ und „Was ist das Göttlichste auf dieser Welt“. Presbyter und Repräsentanten nahmen auch an der Begrüßung teil. Sie überreichten als Angebinde, beschafft aus freiwilligen Beiträgen , 2 hübsche Kupferstiche.
Die kirchliche Vertretung beschloß, damit die Gemeindeglieder nicht mehr den Gottesdienst in Minden besuchen mußten, vom 1. Januar 1897 an 3 Gottesdienste in der Kapelle zu halten, um 10 Uhr und um 14 Uhr. wobei die Ortseingesessenen sich so teilen sollen, daß der eine Teil vor-, der andere nachmittags dieselbe Predigt hören können.
Die Gemeinde hatte ein Gesuch um ein Gnadengeschenk an Seiner Majestät den Kaiser gerichtet zum Bau der Kirche. Das Projekt war zu 113.000 Mark veranschlagt. Das Bauministerium hatte den Bauplan umgearbeitet, auf 95.000 Mark die Bausumme reduziert. Dieser letzte: Plan wurde der Kirchenvertretung zur Annahme vorgelegt. Da aber keinerlei Garantien wegen einer kaiserlichen oder staatlichen Beihilfe gegeben werden konnten, so lehnte die Vertretung jede Beihilfe in dieser Form ab und beschloß eine Kirche für 50.000 Mark zu bauen, wozu Hutze hierselbst den Plan und den Kostenanschlag anfertigte. Die für 1897 uns bewilligte Kirchen- und Hauskollekte erbrachte rund 17.000 Mark. Der Bau wurde dem Architekten Heinrich Hutze hier übertragene Ausführung der Maurerarbeiten übernahm mindestbietend Architekt Sabyrowsky zu Minden.
Am 7. November 1897 wurde der bisherige Pfarrer Meyer als Pastor durch Superintendent Prieß eingeführt. Nach der Einführung war Festessen bei Nottmeyer, es nahmen ca. 50 Personen teil.
Gleichzeitig beschloß die Gemeinde ein Pfarrhaus zu bauen für 23.000 Mark, wozu Pastor Meyer 8.000 Mark schenkte.
Am 17.05.1898 wurde der Grundstein zur neuen Kirche gelegt.
Endlich, noch kurz vor Abschluß des Jahrhunderts, hatte die Gemeinde die Freude, ihr neues schmuckes Kirchlein einweihen zu dürfen. Der 10. November 1899 wurde seitens des Generalsuperintendenten Nebe hierfür bestimmt. Die ganze Gemeinde hatte zu diesem Tage ein Festkleid angelegt. Die Wege in der Nähe der Kirche, insonderheit von der Kapelle bis zur Kirche, waren an beiden Seiten Tannenbäumen, Fahnen und Girlanden geschmückt. Die Festordnung liegt bei. Nach der Weihe war im Kaiserhof ein Festessen, Gedeck zu 1,75 Mark. Etwa 200 Personen beteiligten sich daran.
Am 1. Februar 1902 wurde Pastor und Ortsschulinspektor Otto Meyer von hier nach Münster als Pfarrer versetzt. Ihm folgte sein jüngerer Bruder Friedrich Meyer, bisher Pfarrer an St. Martini in Minden mit dem Wohnsitz in Todtenhausen.
Am 1.4.1905 trat Hauptlehrer , Organist und Kantor Heinrich Deppe in den Ruhestand. Zwanzig Jahre war er an der Schule in Barkhausen tätig, ebenso lange als Organist und Kantor in der Kirchengemeinde. Nach ihm übernahm Hauptlehrer Rudolf Klostermann alle drei Ämter seines Vorgängers. Am Sonntag, den 2. April 1905, am Palmsonntag, an dem auch die Konfirmation stattfand, wurde Herr Klostermann im Gottesdienst feierlich von Pastor Meyer in seine Kirchenämter eingeführt.
Während des 1. Weltkrieges fanden wöchentlich in der Kirche abends besondere Kriegsbetstunden statt, in denen jeweils der Gefallenen der Gemeinde gedacht wurde. Für ausrückende Soldaten, die in Barkhausen ihre militärische Ausbildung erhalten hatten, fanden in der Kirche jeweils besondere Abendmahlsgottesdienste statt (Einmal z.B. sogar am Abend des 2. Pfingsttages 1915 um 8 Uhr). Am 25. Juni 1915 hatte der kirchliche Männerverein die Verwundeten die in der Gastwirtschaft „Friedenstal” untergebracht waren, zu einem gemeinschaftlichen Kaffeetrinken ins Gemeindehaus eingeladen.
Weihnachten 1915
Das 2. Weihnachtsfest im Kriege. Am Christabend fand die übliche Weihnachtsfeier im Kindergottesdienst statt um 5 Uhr. Trotz des Krieges fröhliche Gesichter, leuchtende Augen und frohe Lieder unter dem brennenden Tannenbaum. Selige Jugendzeit! Aber ernste Gesichter der Erwachsenen im Gedenken an die im Felde stehenden Kriege und an die schon aus unserer Gemeinde gefallenen 24 Soldaten. Um 7 Uhr schloß sich eine Feier für die hiesige Garnison an. Die Kirche war bis auf den letzten Platz besetzt, ebenso an beiden Festtagen. Am 23.5.1916 fand am Denkmal die letzte Vereidigung der Rekruten der Barkhauser Garnison statt. (Verlegung nach Herford am 1.6.1916) Pastor Meyer und der katholischen Pastor von Hausberge hielten die Ansprachen!

1917 - Abschied von den Glocken

Fast 18 Jahre nach der Weihe der hiesigen Kirche haben die 3 Glocken ihren ehernen Mund aufgetan. Heute am 29. Juli 1917 müssen wir von den beiden größten (hatte der Kaiser unserer Kirche geschenkt, aus französischen Kanonenrohren, 3 Stück) Abschied nehmen. Gutsbesitzer Osthaus hatte vor 1899 aus den geschenkten Kanonenrohren in Kaiserslautern 3 Glocken für 2.000 Mark gießen lassen. Die größte Glocke mit der Umschrift „Ehre sei Gott in der Höhe“ ist getauft auf Kaiser Wilhelm I., die zweite ,“Friede auf Erden“ Kaiser Friedrich III., die kleinste auf Wilhelm II.,„ Den Menschen ein Wohlgefallen!“ Nach der Predigt wurden stehend und unter Glockengeläut die 3 Strophen von „Verzage nicht, du Häuflein klein“ gesungen.
27. Januar 1918, Kaisers Geburtstag, Festgottesdienst. Vereine mit Fahnen in der Kirche. Abends Gemeindefeier bei Weber. Pastor Meyer hält die Festansprache, Mitglieder der kirchlichen Jugendvereine führen zur Unterhaltung kleine patriotische Theaterstücke auf.

Konfessionsschule

Der 15. Januar 1919 war für die Zukunft unserer Schule von großer Bedeutung. Es geht um die Frage: Konfessionsschule wie bisher oder weltliche Schule? Die neue Verfassung von 1919 besagt, daß grundsätzlich alle Schulen möglichst simultanen Charakter haben sollen. Wo aber die Mehrheit der Eltern wünscht, die Konfessionsschule beizubehalten, kann das so bleiben. Es galt nun für Barkhausen, alle Eltern mobil zu machen, um die Konfessionsschule zu retten. Auf Anregung von Pastor Meyer beschlossen Kirchen-, Schul- und Gemeindevertretung, eine Gemeindeversammlung einzuberufen, um in ihr nach einem Vortrag die Frage zu erörtern, ob unsere Schule in Zukunft Konfessionsschule bleiben soll, oder ob sie Simultanschule oder gar eine weltliche, d.h. religionslose Schule werden soll. Die geplante Versammlung fand am 15. Januar 1919 in der Kirche nachmittags 5 Uhr statt. Den Vortrag hielt Hauptlehrer Klostermann. In 1 1/2 Stunden Rede beleuchtete er an Hand ausführlichen Materials die o.g. 3 Schularten, wog sie gegeneinander ab und trat dann mit großer Entschiedenheit für die Konfessionsschule ein. Vielleicht lag es an dem Orte, daß die Diskussion nicht so recht in Fluß kam - die Gegner behaupteten es wenigstens. Man ging auseinander, ohne eine Entscheidung getroffen zu haben. Auf Veranlassung der kirchlichen Vertretung fand deshalb nach etwa 14 Tagen eine zweite Versammlung statt, diesmal nur Presbyterium, Repräsentanten, Lehrekollegium, Schulvorstand und Gemeindevertretung. Jetzt gerieten die Geister scharf aneinander. Etwa 3 Stunden lang wurde heftig diskutiert, da nun alle eingehend unterrichtet waren. Schließlich entschied man sich mit der Mehrheit für Beibehaltung der Konfessionsschule, wollte aber die letzte Entscheidung in die Hände der Gemeindeglieder legen. Man beschloß deshalb, am nächsten Sonntag eine geheime Abstimmung aller Erziehungsberechtigten und aller Unverheirateten vom 25. Lebensjahre ab vorzunehmen. Die Abstimmung fand im Februar statt und hatte folgendes Ergebnis: 659 Stimmen für die Konfessionsschule, 82 dagegen. Das Ergebnis wurde der Regierung mitgeteilt.
Die erste Gemeindewahl nach dem neuen Wahlrecht erbrachte eine Mehrheit von 7 Sozialdemokraten gegen 5 Bürgerliche.
Unsere Gefangenen aus englischer und französischer Gefangenschaft kehrten heim. Sie versammelten sich an einem Sonntag zu einem gemeinsamen Gottesdienst in der Kirche.
Die Reichstagswahl am 6.6.1920 hatte folgendes Ergebnis:

Sozialdemokraten 686 (765)
Unabhängige Demokraten Unabhängige Demokraten Unabhängige Demokraten
55 (-) 55
Demokraten 54 (255)
Deutsche Volkspartei 365 (104)
Deutschnationale Volkspartei 119 (149)
Centrum 4 (3)

In Klammern: (vorige Wahl)

Der erste Elternbeirat, gewählt nach 2 vorbereitenden Elternversammlungen 7 vom Sozialdemokraten Wahlvorschlag und 1 bürgerlicher Kandidat.
Die Namen der Gewählten:
Maurer Klemme 284, Schneidermeister Kochbeck 289, Maurer Hundertmark 310, Postschaffner Brauns 91, Maurer Stute 75, Tischler Koch 48 Zigarren-Arbeiter Düker 329 und Schneidermeister Knaust 66.

Im Juli 1920 wurden die Neubauten der „Kolonie“ an der Alten Poststraße, Winkelstr. Nr. 349-363 bezogen: Wiethop, Horstmann, Meyer, Nolting Franzmeier, Vollbrecht, Braunschu, Görke, Wemhöner, Marx, Wundes, Hirsch, Schmidt, Gerkemeyer, Teuchert.

28./29. Aug. Nordwestdeutscher Jugendtag (Deputationen aller christlichen Jugendvereine, insgesamt etwa 12.000). Barkhausen bekam 300 ins Quartier. Samstagabend und Sonntagmorgen Gottesdienste in der Kirche, Sonntag Nachmittag, Grußkundgebung am Denkmal, 500 Posaunenbläser unter Leitung von Pastor Kuhlo aus Bethel.

Februar 1921 Heute fand die Wahl der kirchlichen Vertretung statt. Sie wurde in ähnlicher Weise getätigt wie die Reichstags- und Landtagswahl. Die Beteiligung war ziemlich rege. Das Ergebnis war: 23 bürgerliche Vertreter und 9 Sozialdemokraten, die aber für kirchlich galten. Am 1. März 1921 wurde Hauptlehrer Klostermann zum Rektor ernannt. Beim Weihnachtsfest in diesem Jahre fehlten die Weihnachtskerzen diesmal nicht mehr.

Ermordung Rathenau

Das Schuljahr 1922/23 hat Ereignisse zu verzeichnen, die von großer Bedeutung sind, auch für unsere Gemeinde!
Am 19.6. wurde in Berlin der Reichsfinanzminister Dr. Rathenau ermordet. Er hatte als Minister und Politiker viele Feinde. Anstatt ihn sachlich zu bekämpfen, faßten jugendliche Heißsporne den Plan, ihn aus dem Wege zu raumen. Er wurde am 20.6., als er sich auf dem Wege zum Reichstagsgebäude befand, erschossen. Aus Anlaß der Ermordung und der Bedeutung des Mannes war für sämtliche Schulen eine Trauerfeier angeordnet.
Fünf Tage später, am 27. Juni, waren die Bewohner unseres Ortes in großer Aufregung. Der Mord des Ministers hatte die Gemüter besonders der Sozialdemokraten im ganzen Reiche in heftige Erregung versetzt. Aufgestachelt durch gewissenlose Hetzer ließen sie sich unter dem Vorwande, die Republik sei in Gefahr, zu unbesonnenen Taten verleiten. Besonders hatten sie es auf schwarz-weiß-rote Fahnen des alten monarchischen Reiches abgesehen. Auch hier in Barkhausen kam es zu Krawallen am 27. Juni. Im Laufe des Nachmittags rückte ein Haufen junger Leute aus Barhausen und Umgegend an. Ihr erstes Ziel war das Gasthaus Bergbrede, Kreisstraße 47, wo die Sitzungen des Kriegervereins stattfinden und wo auch die Fahne des Vereins aufbewahrt wird. Die Ruhestörer forderten die Herausgabe der Fahne unter Androhung von Gewalt. Um Gewaltakten vorzubeugen, wurde die Fahne herausgegeben. Im Triumpf wurde sie entgegengenommen und dann von der rohen Gesellschaft verbrannt. Es war eine kostbare, gestickte Fahne im Werte von 20-30.000 Mark. Und nun ging es von Haus zu Haus, um alle schwarz-weiß-roten Fahnen zu räubern und zu verbrennen. Daneben wurde den Mitgliedern des Jungdeutschen Ordens das Parteiabzeichen abgefordert und vernichtet. So ging der Zug auf der Portastraße entlang bis zum Hause des Generals Senden, Portastraße 8, neben der Gärtnerei Hillenkötter. Hier wurde es ihnen nicht so leicht gemacht. General Senden und sein zufällig anwesender Sohn. traten den Ruhestörern mit geladenem Revolver entgegen und verwehrten ihnen den Eintritt. Es kam nun zu einer regelrechten Belagerung des Grundstückes, in deren Verlauf das eiserne Geländer niedergerissen und viele Fensterscheiben des Hauses zertrümmert wurden. Endlich gegen 10 Uhr abends gab der General, den Bitten seines Sohnes und seiner Gemahlin folgend und um weiteren Sachschaden zu verhüten, den Widerstand auf und erklärte, die Fahne selber verbrennen zu wollen. Nachdem das Geschehen war, zogen die Ruhestörer. Wie nachher festgestellt wurde, hatten sie einen Sachschaden von 5.000 Mark angerichtet. Jetzt marschierte der Zug zur neuen Schule, um auch hier die Schulfahne zu fordern und zu verbrennen. Gegen 11 Uhr abends wurde der Rektor aus dem Bette gelautet und auch ihn das Verlangen gestellt, die Fahne herauszugeben. Dieses Ansinnen, wurde von ihm mit der Begründung zurückgewiesen, daß die Fahne Gemeindeeigentum sei und er kein Recht habe, sie auszuliefern, viel mehr als Schulleiter die Pflicht habe, die Fahne zu schützen und zu verteidigen. Nach längeren Verhandlungen unter sich, erklärten schließlich die Ruhestörer, die Fahne solle bleiben, die Gemeinde könnte sie ja in die republikanischen Farben umfärben lassen. Dann gen sie ab und nun trat endlich Ruhe im Ort ein.

Die neuen Glocken

Der 3. September war für unsere Kirchengemeinde ein Tag der Freude. Es war Glockenweihe. Seit 1917 (siehe Bericht vom 29.7.17) hatten wir nur noch eine Glocke. Gern hatte man schon 2 neue Glocken gekauft, aber man fürchtete die großen Kosten. Endlich entschloß man sich zur Neuanschaffung. Der Preis für bronzene Glocken war nicht zu erschwingen, darum wählte man Gußstahlglocken, die schon in anderen Gemeinden als im Klange gleichwertig erprobt waren. Die letzte alte Glocke wurde an eine andere Gemeinde zu gleichem Zwecke verkauft und 3 neue Gußstahlglocken bestellt. Einige Tage vor dem 3.9 holte man die Glocken vom Bahnhof Porta ab und brachte sie, mit Girlanden bekränzt zur Kirche, wo sie in den folgenden Tagen im Glocken Stuhle aufgehängt wurden. Am 3. September fand dann das Fest der Glocken Weihe statt. Der schweren, ernsten Zeit gemäß lauten die Inschriften.
Große Glocke: Aus tiefer Not schrei ich zu dir!
Mittlere: Ein, feste Burg ist unser Gott!
Kleine: Verleih uns Frieden gnädiglich!
Am 31. Oktober 1923 fand in der Kirche, wie schon im vorigen Jahre, das Reformationsfest für die Kinder statt. Die Predigt hielt der zeitige Vikar Menges.
Am 31. März 1924 fand im 1. Klassenzimmer der Schule eine ernste Feier statt: Sie galt der Entlassung der diesjährigen Konfirmanden und war zugleich eine Abschiedsfeier für den in Ruhestand tretend Rektor Klostermann, freiwillig und nach 40 Dienstjahren, davon 19 in Barkhausen. Der Emeritus wird den Kantor- und Organistendienst in der Kirchengemeinde behalten.